Warum die „FM4 Soundselection“ eine gute Idee ist. Und ein noch besseres Produkt. Zusammengestellt und promotet vom besten Radiosender des Landes.
Schönen Tag auch. Gerade noch in einem Berliner Magazin geblättert, „Style & The Family Tunes“, Interview mit Mobb Deep, einem dunkel funkelnden HipHop-Act aus Queensbridge, USA. Angestreift an einer Passage und hängengeblieben. Frage: „Gesetzt den Fall, ihr habt die Macht, etwas, das euch stört, sofort zu ändern. Was tut ihr?“ Antwort: „Wir würden die Radios schließen, die den ganzen kommerziellen Scheiß spielen. Und das ganze Spiel umdrehen. Allen Underground-Dudes: Dreifachplatin. Den anderen höchstens Gold.“ Schmunzeln, Kopfnicken. Das Leben ist ein Hit.
Und dann läutet das Telefon, Wien dran, FM4, irgendjemand muß ja Linernotes schreiben zum neuen Soundselection-Sampler. Aber gern doch. Alte Liebe rostet nicht.
Alte Hassliebe schon gar nicht. Von wegen kommerzieller Scheiß – wenn ich sage, daß FM4 in Österreich der einzige Sender ist, den man mit Vergnügen und Gewinn und auch ein wenig Stolz hören kann, dann ist das alles andere als gönnerhafte Schulterklopferei. Im Gegenteil: es ist ein sehr nüchternes Urteil. Das Fazit eines professionellen Trüffelschweins, das in der öden Wüstenei der elektronischen Medienlandschaft Österreichs sonst kaum je fündig wird. Frische Sounds statt der üblichen Phil Collins-Backstreet Boys-Soße? Passen nicht ins Format. Ein bißchen Mut und Witz abseits tolldreister „Die größten Hits der letzten dreihundert Jahre“-Sprücheklopferei? Ach was. Neue, interessante heimische Bands? Nie gehört. Sogar kommerziell höchst erfolgreicher, deutschsprachiger HipHop Marke Fanta 4 oder Absolute Beginner läuft in einem Land, das die Bewahrung des Status Quo zur Staatsreligion erhoben hat, gerade mal so mit. Quotennot essen Seele auf.
Mit einer Ausnahme – FM4. Hier ist der Brennstoff Musik von einer eigenen Qualität. Fast immer von der hochprozentigen Sorte. Dabei alles andere als ein Minderheitenprogramm (glaubt nur den Statistiken, die ihr selbst fälscht!).
Die Soundselections können die tägliche Dosis FM4 natürlich nicht ersetzen. Aber wunderbar ergänzen – als Geschmacks-Konzentrate ohne Wort-Beiwerk. Fein, daß erstmals eine eigene „Schnitzelland Spezial“-Disk mit an den Start geht, vollgepfropft mit dem Besten, was Österreich an zeitgenössischem Musikschaffen zu bieten hat. Von Schönheitsfehler bis Shy, von Potuznik bis Planet E. Lauter alte Bekannte. Die Underground-Dudes. Underground? Draußen in der Welt, zwischen Hamburg und Tokio, weiß man längst Bescheid über die Qualitäten der heimischen Post-Austropop-Szene. Nur hier, hier herrscht – abseits des Widerstandsnests FM4 – permanenter Eurovisions-Songcontest. Und täglich grüßt das Murmeltier. Jedes Land hat die Sender, die es verdient.
Allein: Popkultur, eine lebendige, produktive Popkultur, braucht das Medium Radio. Dringend. Als Biotop, in dem sie atmen und sich präsentieren und entfalten kann. Nestwärme ersetzt nicht den Durchlauferhitzer. Deswegen diese ewige Haßliebe, dieses Gezerre um Airplay und Sendeminuten, dieser permanente Kampf um Aufmerksamkeit. Deswegen – auch wenn ich mich wiederhole – verdammt gut, daß es FM4 gibt. Und dieses kleine, feine „Abfallprodukt“ auf zwei Silberscheiben. Popkultur braucht Publikum. Hörer, die wissen, was sie warum hören. Und wann. Und wo.
Mobb Deep laufen auf diesem Sender, oder? Und Texta. Und Fanta 4 auch, „mit freundlichen Grüßen“. Auf dieser Soundselection sogar in einer FM4-exklusiven austrifizierten Version. Respekt. Dreifachplatin. Tusch! Das Leben ist ein Hit.