Warum das Debut-Album der Wiener Band Planet E gleichzeitig auch ihr letztes ist. Leider.
Das Ende ist der Anfang, vice versa. Der Einstieg zugleich der Ausstieg. „Exit Planet Dust“ haben andere, weithin bekanntere Seelenverwandte einst ein Album betitelt. Dieses hier könnte „Leaving Planet E“ heißen, wäre der schlußendlich gewählte Titel nicht noch um eine Spur raffinierter, hinterhältiger, trefflicher. „Leaving You With This“ – das ist ein kühler Abschied, ohne theatralische Gesten, höchstens einem Schulterzucken, vielleicht. Dabei haben wir die Protagonisten gerade mal kennengelernt. Und schon nageln Planet E – die Herren Wieser (Programming, Baß), Wolfsteiner (Schlagzeug) und Duscher (Gesang) samt den unabdingbaren Mitstreitern H-Nes (DJ) und Klammer (Trompete) – mit einem derart knochentrockenen Elektro-Funk-Hammer die Kiste zu, als wär’s für die Ewigkeit. „Leaving You With This“.
Das Bedauern ist unsererseits. Und die Erwartung, daß es eben kein Abschied für immer ist. S‘ wär‘ so oder so eine typisch österreichische Angelegenheit: Band findet einen gangbaren Weg auf dem gefährlichen Grat zwischen Rock-Tradition, Pop-Strahlkraft und neuer Elektronik-Blüte, erfährt Anerkennung, ja Begeisterung, bastelt ebenso lange wie engagiert an ihrem Debüt und löst sich – zumindest in seiner Ur-Formation – auf, bevor es zu dessen Veröffentlichung kommt. „Leaving You With This“ hieße dann in der Übersetzung: und jetzt könnt ihr uns alle mal. Aber so einfach ist die Geschichte nicht.
1995 gegründet, waren Planet E lange die Hoffnungsträger einer Szene, die Reste alter Indie-Brachialität und Glamour-Herrlichkeit nicht gänzlich in der „shmooven“, für oberflächliche Betrachter rasch zum Klischee gerinnenden Wiener Kaffeehaus-Sound-Melange versenken wollte. Erste 12“-Singles auf Uptight, Remixe von Pulsinger & Tunakan, ein beherzter Drum’n’Bass-Anschlag auf die Beatles („Rollercoaster“ erschien freilich dank des markanten „Come Together“-Samples nie offiziell), Auftritte mit Beck, Tricky und LTJ Bukem (die coolen Live-Inszenierungen waren eine der Stärken der Band!) und schließlich mit „Move“ ein CD-Single-Einzelgänger bei Universal Hamburg samt formidablem Underground-Video auf MTV sind keine schlechte Bilanz für die knapp vier Jahre, die dieser Planet seine Kreise zog. Am Ende war es die Schwerkraft des Alltäglichen, die dem Treiben faktisch ein Ende setze: Geldmangel, Richtungsstreitigkeiten, schwindende visionäre Schubkraft. Einige Planetarier wollen aber weitermachen und einen neuen Kurs einschlagen.
Dennoch: „Leaving You With This“: das geht schon in Ordnung. Ein Abtritt mit Stil und Eleganz. Planet E hinterlassen, versammelt auf diesem Tonträger, ein wunderbares Erbe: ein Dutzend Stücke und nachgelassene Bearbeitungen, deren Schärfe und Frische gewiß nicht nach Formalin duftet. Oder nach Schnitzelpanier. Eher schon nach Schwermetall, Kubrick, Sternenstaub. Exit Planet E. Next planet, please.