Zur ökonomischen Verortung dies- und jenseits der Majors – oder: 10 Glaubenssätze aus dem A&R-Herrgottswinkel.
„Cities may change / but there always remains / my obsession“
(Roxy Music)
Nein, ich werde hier keine langatmigen Erklärungen abgeben, was es mit diesem ominösen Kürzel „A&R“ auf sich hat. „A&R“ steht schlicht für „artist & repertoire“, und ein A&R-Manager ist nichts anderes als ein Trüffelschwein im Auftrag eines Unternehmens, das Musik vermarktet. Gleichwohl handelt es sich um „the most difficult job in the music industry“, wie das britische Magazin Music Week einmal trocken bemerkte. Nicht zuletzt, weil er in der Vorstellung vieler mit Klischees nur so gespickt scheint (vom schmierigen Abzocker bis hin zum mondänen Jet-Set-Agenten, jedenfalls mit vorreserviertem first class-Sitz gleich neben dem Klischee-Manager).
Anyway: die Sache ist spannend, und Musik ist ein wunderbarer Rohstoff. Entstanden scheinbar aus dem Nichts, entsprungen den Köpfen mehr oder minder genialer Künstler oder – zumindest – Kunsthandwerker. Der A&R-Manager ist ein nicht unwesentlicher Faktor im Prozeß der „ökonomischen Verortung“ von Musik. Oft genug ist er der personalisierte Auftakt.
Seit 1993 – einem Zeitpunkt, als mir der Abenteuerspielplatz Radio endgültig verödet schien und die Ausschau nach neuen Reizen einen radikalen Berufsschwenk gebot – habe ich das Business intensiv kennengelernt. Zunächst als Marketing- und A&R-Manager eines kleinen „Indies“ in Wien (der gleichwohl der umtriebigste und lange Jahre erfolgreichste Produzent lokalen Repertoires war), später als Special Marketing-Experte bei Warner in Hamburg und seit Anfang ‘96 als A&R Manager bei Universal, ebenfalls in Hamburg. Die österreichische Szene habe ich noch gut im Visier; allein der Spielraum und die Budgets sind ungleich größer geworden. Es ist Alltag (wenngleich nicht alltäglich), einen Dancetrack in den US-Clubcharts zu plazieren oder ein Album voll ausgefallener Underground-Sounds in japanischen Großkaufhäusern.
Ich mag an dieser Stelle keine Ratschläge geben, wie mit A&Rs umzugehen ist. Man kennt das ja aus diversen Fachbüchern und -Magazinen: keine Cassetten mit mehr als 3 Songs einschicken, nicht am Telefon lästig sein, das übliche Bla-Bla demütig und ewig hoffnungsfroh zur Kenntnis nehmen. Die Wahrheit ist: es gibt keine Patentrezepte. Noch nicht mal eindeutige Spielregeln. Tue, was immer Du glaubst, tun zu müssen. Glück (und sei es nur, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein) ist fast immer im Spiel. A&Rs sind auch nur Menschen. Manche haben mehr, manche weniger Geschmack. Manche mehr, manche weniger Spielraum. Manche erkennen einen Hit zehn Kilometer gegen den Wind, manche sind längst ertaubt. Manche strotzen noch vor Idealismus und Subversivität, manche haben sich längst mit dem status quo arrangiert. Es ist sinnlos, darüber zu lamentieren. „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, so Ex-Bundeskanzler Vranitzky. Als Talentescout hätte er sich damit disqualifiziert.
Wer Qualität zu bieten hat, wird früher oder später einen Gegenpart finden, der dies erkennt und damit – hoffentlich – umzugehen weiß. Egal, ob man nun in einer Avantgarde-Nische für Furore sorgen möchte oder ob seiner ungenierten Kommerzperspektive schon einen S-Klasse-Mercedes bestellt hat. Letztlich – und ich meine das nicht zynisch – bleibt noch die Alternative, Hausmusik zu machen (also aus reinem Spaß’ an der Freud’) oder sich in den Selbstbetrug zu flüchten, daß der ökonomische Mißerfolg doch zumindest ein künstlerischer Erfolg sei. Und umgekehrt.
Was ich hier ausbreiten kann und will, sind ein paar Denkanstöße, Leitlinien, Glaubenssätze – soetwas wie Wegweiser im A&R-Universum. Die zehn Gebote. Grüß Gott. Und Douglas Adams, wenn Du ihn siehst, irgendwo da draußen.
1. Niemand kauft eine CD, nur weil sie ein „Made in Austria“-Pickerl trägt.
Selbst glühende Patrioten nicht. Der Rest der Welt schon gar nicht. Die entscheidenden Faktoren sind Talent, Originalität, Timing, Gehirnschmalz, Witz, Esprit, Fleiß, Beharrlichkeit, Spürsinn, Zielstrebigkeit, Gefühl, Konsequenz. Kurzum: jene Essenzen, die Qualität ausmachen. Österreich hat davon nicht mehr oder weniger abbekommen als jeder bunten Fleck auf der politischen Weltkarte.
Kurioserweise scheint diese Regel oberflächlich außer Kraft gesetzt, wenn es um die „Viennatones“ geht, um die neue – und bei genauerer Betrachtung eigentlich inexistente, zumindest aber disparate – „Wiener Szene“ im weitesten Bereich der elektronischen Klangerzeugung. Hier behaupten sich sogar Compilations auf dem Markt, die explizit auf ihre Herkunft verweisen („The Eclectic Sound of Vienna“). Also doch ein örtlich (und zeitlich?) begrenztes Übermaß an Talent, Originalität, Timing usw. usf.? Oder nur, wie schon zu Zeiten des seligen „Austropop“, ein Medien-Hype mit entsprechender Animations-Rückkoppelung für Künstler und Konsumenten? Die Diskussion läuft gerade.
2. Qualität hat jede Chance. Erst recht international.
Aphrodelics. Attwenger. Bask. Beat 4 Feet. Bingo Boys. Count Basic. Club 69. DSL. Curd Duca. Extended Versions. Falco. Fennesz. Kruder & Dorfmeister. Planet E. Pomassl. Potuznik. Pulsinger. Pungent Stench. Puschnig. Mäuse. Mum. Schönheitsfehler. Shanti Roots. Sin. Sluts’n’Strings & 909. Sofa Surfers. Tanga. Tosca. Vienna Art Orchestra. Waldeck. Zawinul. Mehr Namen gefällig? (unvollständige, aktualisierte Basisauswahl)
Die Überheblichkeit der Pop-Hochburgen USA und Großbritannien gegenüber Material, das aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Dänemark, Kuba – oder eben Österreich – kommt, hat deutlich nachgelassen. Es scheint, daß die (relative) Blutleere in den traditionellen Umlaufbahnen und Umschlagplätzen echtes Interesse für exotische Muster und Namen generiert. Ob sie von Dauer ist, wird sich zeigen. Die Chancen stehen gut.
3. Qualität und Kommerzialität sind kein Widerspruch.
Auch wenn’s oft genug danach aussieht. In Wahrheit ist Qualität, ist man nicht nur auf den schnellen (und oft genug schnell entschwundenen) Reibach aus, die einzige Chance. Dem Publikum ist kein Vorwurf zu machen. Niemals. Das Publikum hat immer recht. Auch wenn es täglich irrt – und per Abstimmung am Verkaufspult die Technoschlümpfe, Pappa Bear oder Blümchen zu Herzensfavoriten erklärt. Aber Schlümpfe und andere Eintagsfliegen hat es immer gegeben. Sie sind Ausgeburten der Marketingabteilungen. Sie kosten uns einen Lacher, ein paar Groschen und ein paar Sekunden Aufmerksamkeit. Sie sind bestenfalls billige Spielzeuge, vom Kind in uns rasch zur Hand genommen und schnell wieder weggelegt. Junk Food. Große Kunst – sofern man sich nicht scheut, diesen Begriff in den Mund zu nehmen – hat dagegen ein längeres Ablaufdatum. Und die Chance, nachhaltig in unsere Seelen und Herzen zu kriechen. Der Umweg über unsere Geldbörsen wird dabei gern verdrängt.
Ein eigenartiges Phänomen: kaum eine Branche ist von einem derart eklatanten Unwissen über die ökonomischen Hintergründe und Zusammenhänge geprägt wie diese. Ein Großteil der Akteure – Künstler, Journalisten, oft sogar Labelbetreiber – entbehrt jeder Einsicht in die simpelsten Geschäftsmechanismen. Lieber pflegt man Mythen in Tüten oder trägt trotzig seine als „Distanzierung vor den üblen Praktiken der Musikindustrie“ getarnte Ignoranz vor sich her, einem ideologischen Banner gleich.
Der Antagonismus zwischen Majors (den großen, weltumspannenden Entertainment-Konzernen) und den sogenannten „Independents“ (sprich: kleinen, meist nur bedingt „unabhängigen“, fast immer aber durch Spezialisierung, Idealismus und Selbstausbeutung geprägten Firmen) ist ein logischer und natürlicher. Beide Seiten profitieren davon. Die „Indies“ fühlen sich moralisch gestärkt – obwohl jedem klar sein müßte, daß sie prinzipiell nach denselben kapitalistischen Spielregeln funktionieren. Die Multis nutzen in der Regel die „höhere Glaubwürdigkeit“ und szenenahe Vorarbeit der kleinen Labels, um sich den mühsamen Prozeß der Vorselektierung und des Imageaufbaus zu ersparen. Kaum ein Künstler oder Label widersteht im Erfolgsfall dem Lockruf der „majors“ als übermächtiger internationaler Marketing-Durchlauferhitzer. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Aber Marketingpower allein kann keine dauerhaften Erfolge schaffen. Solange der künstlerische „Kern“ nicht zu überzeugen vermag, verpuffen die Anstrengungen der Product Manager und Sales Executives.
4. Die Welt ist ein Dorf.
Marshall McLuhan hatte recht. Zumal das Fax, geschweige denn das World Wide Web, zu seiner Zeit noch herzlich wenig verbreitet war und Bildtelefon, Digital-Satelliten-TV und Glasfaserkabelnetze nur in Science Fiction-Romanen vorkamen. Das Problem ist: auch ein Dorf hat Haupt- und Nebenstraßen, belebte Umschlagplätze und tote Winkel, Zentren und Randzonen.
Österreich liegt zwar im Herzen Europas, aber ein wenig abseits in der Popkultur-Landschaft. Was für den Fax- oder e-mail-Verkehr keinen Unterschied macht. Nur beim Telefonieren gilt es den Zeitunterschied zu beachten.
5. Die Provinz ist im eigenen Kopf.
Gewiß, die Infrastruktur, das kommerzielle Drumherum und die Spielflächen sind weniger ausgeprägt als in England, Deutschland, Skandinavien (jawohl, Skandinavien!), Japan oder dem Land der unbegrenzten (Un)möglichkeiten. Aber allemal stärker entwickelt als in Portugal, Zaire oder Mexiko. Musik ist heute in jeder Spielart allerorten problemlos verfügbar – sei es auf CD, MiniDisc, altertümlicher Compactcassette oder DVD, per Internet oder live. Die Aussicht auf Gewinn, der übermächtige Antriebsmotor des Kapitalismus, pumpt die Produkte unablässig bis in die letzten Verästelungen der Vertriebsnetze. Musik ist Ware. Nur ihr Inhalt, die emotionale und funktionale Qualität macht sie zum Kulturgut. Zur begehrten Ware. Das funktioniert weltweit so. Man spare sich also das ewige Klagelied von den „fehlenden Möglichkeiten hierzulande (2.Strophe „Im Ausland ist alles besser“). Das Publikum lechzt nach Inhalten. Da wie dort. Das kann ein guter Schmäh sein im regionalen Dialekt oder eine endgültige Wahrheit, hübsch verpackt nach internationalem Standard. Oder umgekehrt. „Die wahren Abenteuer sind im Kopf, und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo“ (André Heller)
6. Der Austropop ist tot.
Die Debatte lebt. Aber der Patient ist tot. Mausetot. Gelegentliche Zuckungen und ein bisweiliges Aufbäumen (bei Nostalgieunternehmen wie „Austria 3“) sind nur Schein-Lebenszeichen. Selbst Austropop-Veteranen wie Wolfgang Ambros oder STS weigern sich mittlerweile, mit dieser Trademark behaftet zu werden. Zu negativ, meinen sie, zu eng und zu verstaubt. D’accord. Tatsächlich ist der Nährboden, der uns so originelle (und für die Austropop-Schule wesentliche) Momentaufnahmen wie jene vom „Tschik“, dem „Gulsch und dem Seitl Bier“ oder dem „Großvater“ bescherte, längst ausgetrocknet.
Gottseidank. Denn das gibt all den jungen, frischen Kräften die Chance, abseits aller Schubladen und Etiketten drauflos zu spielen. In den letzten Jahren zeigte sich – jenseits der alten Austropop-Bastionen, aber auch abseits solch mißglückter Regionalligaveranstaltungen wie der Ö3-Aktion „Pop!“ – ein Tatendrang, der sich zu keinem Zeitpunkt um eine Ettikettierung sorgte. Pop im weiteren Sinn ist es allemal. Ob es auch zu dauerhafter Popularität reicht, wird sich zeigen.
7. Attwenger haben uns mehr zu sagen als die B-Boys aus der Bronx.
Das heißt, eigentlich haben uns die Jungs nicht mehr zu sagen. Aber wir verstehen sie besser. Singen sie von den spezifischen architektonischen Charakteristika Innviertler Bauernhöfe? Nein. Sie singen von Wut und von Liebe, von Kraft und Saft, von allem und nichts. Wie die Kollegen aus der Bronx, aus Soho oder dem dritten Pariser Arronissement. Aber Attwengers Wortausstoß, so jandlesk-rudimentär er auch sein mag, besitzt Relevanz. Weil er vertraut und verständlich ist. Im tiefsten Oberösterreich mehr als in der Großstadt, zugegeben. Aber verbrachten wir nicht alle mal Ferien auf dem Bauernhof?
Auch wenn unsereins heute gern den Kosmopoliten raushängen läßt – die bodenständigen Wurzeln sind tief vergraben in unserer Psyche. Ein Faktum, das man vielleicht durch unausgesetzten MTV-Konsum von Kindsbeinen an umgehen kann – aber der Popkanal-Konkurrent VIVA setzt, nicht ganz unabsichtlich und nicht ganz erfolglos, auf den vertrauten Klang der Muttersprache (Mittlerweile hat auch MTV mit „regionalen Ausgaben“ nacvhgezogen). Ein Fingerzeig und eine Chance für alle, die sich ernsthaft an der deutschen Sprache versuchen.
Darüberhinaus gilt sowieso die alte Grundregel, daß Musik eine Sprache des Herzens ist. Und damit das Esperanto, das keinerlei Grundkurses bedarf. Nur der Herzensbildung.
8. Auch Majors kochen nur mit Wasser.
Eine der Grundregeln der Branche ist: „It’s a people’s business“. Da wie dort – und damit meine ich Majors wie Indie-Labels – tummeln sich brilliante Geister, echte Liebhaber und clevere Strategen. Da wie dort existieren schwarze Schafe, dummdreiste Abzocker und windige Gestalten. Da wie dort hocken Leute breit und faul auf ihrem Arsch, während sich andere denselben aufreißen. Es gilt „Murphys law“. Durch die Bank. Plattenfirmen sind nicht viel mehr als Produktionsmaschinerien, Durchlauferhitzer und Rechteverwalter. Es ist ein Kuriosum, daß in Österreich viele, die es besser wissen sollten, glauben, mit der Unterschrift unter einem Plattenvertrag wäre ihr Glück besiegelt. Dabei fängt dann erst die Arbeit an – und zwar knallhart. Wer sich von der mondänen Fassade internationaler Konzerne, egal, ob sie nun Universal, Warner, BMG, Sony oder K-Tel heißen, über Gebühr beeindrucken läßt, verkennt den Umstand, daß die Grundregeln des Erfolgs überall in gleicher Weise gelten. Und eigentlich ziemlich banal sind. Suche Dir ein Team, das an Dich und Deine Sache glaubt. Finde Leute, denen Du vertrauen kannst und die in ihrem Metier überdurchschnittliche Fähigkeiten und Kenntnisse besitzen. Bringe Dinge auf den Punkt. Sei zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Schließe keinen Bausparvertrag ab als angehender Rockstar. Etc. usw. Die übliche Litanei. Erfolg ist keine Frage der Größe. Erfolg ist selbstdefiniert.
9. Die Zukunft hat gestern begonnen.
Die Debatte um die Ablösung der alten Strukturen durch neue Technologien ist fast so alt wie die Technologien selbst. Es bedarf keiner großartigen visionären Begabung, um zu erahnen, daß die Fixierung digitaler Daten auf kleinen, aluminiumbedampften Plastikscheiben, die – verpackt in unattraktive Plastikhüllen – quer über die Kontinente „geshipt“ werden, im Zeitalter der Massenspeicher und Datennetze ein Anachronismus ist. Ob sich – und wenn ja, in welchem Zeitraum – „pay per listen“-Lösungen durchsetzen oder der Endkonsument daheim sein eigenes kleines CD-Preßwerk bauen darf, bleibt offen. Vieles, zuvieles steckt noch in den Kinderschuhen und ist auf Dauer nur für masochistisch veranlagte Technik-Freaks ein Thema. Klar zeichnet sich indes ab, daß „contents“ (sprich: künstlerische Inhalte und die Rechte daran) wieder wichtiger werden als Herstellungs- und Distributions-Kapazitäten.
Ob und wie es den Majors gelingt, ihre marktbeherrschenden Oligopole auf das – ohne Zweifel revolutionäre – Potential der elektronischen Netze des 21. Jahrhunderts auszurichten, ist die Frage. Sie dürfte Edgar Bronfman jr., den Vorsitzenden des Unterhaltungsgiganten Universal, genauso bewegen wie Oasis-Manager Alan McGee oder die Virgin-Legende Richard Branson. Andere, etwa Prince (der seine Ergüsse teilweise exklusiv via Internet vertreibt) oder die Mannschaft des Wiener Avantgarde-Labels Mego, zerbrechen sich nicht nur theoretisch den Kopf darüber, sondern nutzen die neuen Technologien intensiv. E-mail, ISDN und MP3 (um nur ein paar aktuelle Stichworte einzuwerfen – neuere Entwicklungen werden schon erprobt) kommen den Kleinstrukturen der „Indie-Zellen“ enorm entgegen und ermöglichen den direkten Draht zwischen Produzenten und Konsumenten. Daß die Digitalära auch enorme Auswirkungen auf die Ästhetik und die ökonomischen Grundbedingungen der Musikerzeugung hat (Stichwort: Wohnzimmer-Studio), sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Letztlich bieten sie Künstlern und Mittlern – sprich: jedem, der die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten nicht scheut – glänzende Perspektiven.
10. Handwerk hat goldenen Boden.
Der Rest vom Fest braucht nur den richtigen Beat. Die richtigen Insignien. Die richtigen Connections. Nie zuvor gab es soviele Nischen und Winkel auf diesem Globus, um sein Nest zu finden und es sich einigermaßen behaglich einzurichten. Je zielstrebiger, originärer, unverwechselbarer, desto lieber. Ein Patrick Pulsinger, ein Rodney Hunter, ein Peter Rauhofer (Club 69), ein Kruder und ein Dorfmeister basteln im Wohnzimmer still vor sich hin – und morgen schon tönt ihr ProTools-Scherenschnitt aus den Lautsprechern der In-Clubs in New York, Osaka und Manchester. Wer bastelt mit?
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Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen erweiterten, aktualisierten Remix eines Kapitels aus dem Buch „Heimspiel“, erschienen im Hannibal Verlag, Wien 1995.