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10 Ansagen für 2007

19. Dezember 2006

Jahresende. Zeit für Rückschauen, Besinnlichkeit und CD-Bestenlisten. Eventuell könnte man aber auch eine Vorausschau wagen. Und ein paar deftige Prognosen für’s kommende Jahr.

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Willkommen! Frohe Weihnachten! Guten Rutsch! Und überhaupt. Machen wir’s kurz (und hoffentlich schmerzlos). Hier meine Top Ten persönlicher und natürlich höchst subjektiver Ansagen für das Jahr des Herrn Zweittausendundsieben. See you there & then.

1) “Urheberrecht” ist das Wort des Jahres 2007. War es das nicht auch schon 2006? Und 2005? Dabei klingt es so unsexy. Nach verdammt diffiziler Materie. Ist es auch. Und wirklich wichtig.

2) Musik-Handys werden alltäglich. Noch sind sie vielbestaunte Exoten – die Player von Nokia, Sony Ericcson, Samsung & Co., mit denen man auch telefonieren (und mehr) kann. Aber die Speicher werden größer und größer, die Bedienung wird einfacher, und die Goodies (man denke etwa an die One-Werbelinie mit den “beigepackten” Ö3- und demnächst auch FM4-Charts) immer verlockender. Wenn bald mal das Apple iPhone ins Haus steht, werde ich wohl auch schwach.

3) Majors geben Kopierschutz auf. Was vor Monaten noch undenkbar schien, zeichnet sich mehr und mehr ab: “ungeschützte” MP3s, die ja der de fakto-Standard aller MP3-Player (sic!) sind, werden als solcher auch allseits akzeptiert. Mancherorts mit Zähneknirschen, aber doch. Daß zum Beispiel EMI eine neue Norah Jones-Single via Yahoo als MP3 verkauft, wird augenblicklich noch als “monumentaler Schritt ” kommentiert. Eventuell ist’s auch nur ein Promo-Gag. Aber die Wahrheit ist (und deswegen toben auch diverse Record Company-Chefitäten gern mal gegen die “Diebsbande” der iPod-Besitzer): so, und fast nur so, spielt die Musik von heute. Jeder Versuch, den Geist zurück in die Flasche zu zwingen, muß und wird auch in Zukunft mißlingen.

4) Österreich bekommt wieder einen Kultur-Minister. Eventuell sogar einen richtig zeitgemäßen, kundigen, engagierten. Und täte gut daran. Blasse Staatssekretäre, öde Repräsentations-Elitekunstverwalter und schnöde Feudalherren mit Subventions-Verteilungs-Pouvoir hatten wir schon genug.

5) Die Erosion der Majors schreitet voran. Schon heute kann man Künstlern kaum mehr erklären, was denn der große Vorteil eines Plattenvertrags mit Universal, SonyBMG, Warner oder EMI sein soll (außer eventuell der traditionsreiche, klangvolle Namen des Vertragspartners). Wie war das noch mal mit der Live-Einnahmen- Beteiligung? Wofür ein Hüllenabzug, wenns keine CD-Hülle mehr gibt? Und wozu weltweite Rechte, wenn man international eh nix weiterbringt (und das eigentlich auch nie vorhatte)? Mehr und mehr Produzenten und Konsumenten kommen drauf, daß sich die einstigen Major-Domänen Vervielfältigung, Vertriebswege und Medien-Kanalisierung längst verflüchtigt und neu verteilt haben. Keine tollen Zukunftsaussichten für Traditionalisten und Trend-Ignoranten.

6) Indie-Labels werden professioneller. Weil sie einfach beweglicher, instinktiver, sensibler sind als die großen Öltanker des Musikgeschäfts, die zunehmend lecken und schiefliegen. Und weil sie rasant dazulernen. Warum? Weil sie es müssen. Majors können noch Jahre und Jahrzehnte von ihrem Rechtekatalog zehren. Kleinere Zellen müssen sich jeden Tag neu erfinden, definieren, teilen und zusammensetzen. In Österreich erst neulich geschehen beim Initial-Meeting des “Austrian Music Ambassador Network” (AMAN). Ein gutes Signal und ein frischer, selbstbestimmter Anlauf, um mehr aus der Wirtschaftsmaterie Musik zu machen. Und ein weiterer Schritt der Professionalisierung der hiesigen Szene. Glückauf!

7) Lois wird nicht “Starmania”-Gewinnerin. Obwohl ihr laut starmania.aon.at “Gott die Chance gegeben hat”, beim Karaoke-Wettbewerb mitzumachen. Aber dafür muß man kein Prophet sein, oder? Aber auch nicht dafür, daß die “Starmania”-Winner-CD-Verkäufe nicht annähernd das Level der Pro 7-Konkurrenz Monrose erreichen werden. Warner Music Austria darf sich freuen.

8) Radiohörer entdecken das Internet. Weil der Online-Status über kurz oder lang von herkömmlichem UKW-Empfang nicht mehr zu unterscheiden sein wird (und zwar noch, bevor man in Österreich von analoge auf digitale Rundfunktechnik umsteigt. Das wird ja von der Behörde aus (un)guten Gründen auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben). Man muß nur einen Blick in die Wohnungen von technikaffinen Medienprofis mit DSL-Anschluß machen – dort stehen zunehmend “Streaming Clients” wie das Noxon iRadio. Und sehen aus wie nostalgische Küchen-Radios. Und sind auch so einfach zu bedienen. Nur, daß sie ein paar tausend Stationen mehr empfangen können als das übliche Paket mit Ö3, KroneHit & Arabella. Von wirklich innovativen Ideen wie Last.FM (www.last.fm) ganz zu schweigen.

9) Der ORF wird wieder spannend. Wrabetz, Lorenz, Strobl, Amon & Co. (leider wieder fast ausschließlich eine Männer-Partie) stehen für einen neuen Kurs und ein frisches Selbstverständnis des öffentlich-rechtlichen Medienriesen. Natürlich müssen sie die Vorschußlorbeeren erst rechtfertigen, aber das Aufatmen dies- und jenseits des Küniglberg, daß die visionslose Mariazell-Wallfahrerin Monika Lindner das Chefbüro räumen mußte, war groß. Eventuell entdeckt der ORF jetzt ja auch, daß es außer Hinterseer und Netrebko noch andere Künstler auf diesem Planeten gibt. Und daß es keines herbeischwadronierten “50 Jahre Austropop”-Jubiläums und keines künstlichen “Starmania”-Hypes bedarf, um Christl Stürmer und einer Hundertschar weiterer interessanter Musiker in diesem Land Aufmerksamkeit und Sendezeit zu widmen.

10) Sound & Media prosperiert & prosperiert. Wird eventuell dicker. Und eventuell neue Themenkreise erschliessen. Und eventuell neue Kolumnisten und Sterndeuter beschäftigen. Und…

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