MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (45) Ist der Enthusiasmus, ja die Hysterie rund um Apples „iPad“ gerechtfertigt? Oder doch nur ein schnöder Hype?
Nein. Wirklich nicht. Muss nicht sein. Haben andere schon erledigt. Massenhaft, salbungsvoll, wortgewaltig. Sogar das, äh, U-Bahn-Zeittotschlagbuntpapier „Österreich“ hievte den (das?) „iPad“ auf die Titelseite. Apropos: wo ist der Müllcontainer für die Entsorgung des Namens „iSlate“? Man hatte ihn schon liebgewonnen. Und dann greifen Steve Jobs und seine Marketingabteilung ausgerechnet zu einem Namen, der unerwartete Assoziationen auslöst, zumindest in den USA – mit Binden und Tampons nämlich.
Sie merken schon: die allgemeine Erregung rund um Apples Elektroniktablett, das neue Tabernakel der digitalen Bohème, hält ungebrochen an. Nachdem nun die Katze aus dem Sack ist, die nächsten Wochen über aber weder gestreichelt, getestet noch gekauft werden kann (die Produktion hält mit der Nachfrage nicht Schritt), ergiesst sich die Energie von Journalisten, Bloggern, Nerds und Medien-Zampanos in Spekulationen über Pro und Contra des Prototyps einer neuen Computer-Generation. Versucht hier jemand, die Zukunft in die Gegenwart zu zwängen? Der Werbe-Guru Amir Kassaei, ein Österreicher mit iranischen Wurzeln, brachte es auf den Punkt: „It’s not the tablet, stupid, it’s the digital lifestyle strategy!“ Es geht also weniger um technische Details, mehr um einen Masterplan, den Steve Jobs – Kassaei zufolge – „wie ein Schachgrossmeister Zug für Zug umsetzt“. Und der absehbar unser aller Leben umkrempelt.
Bewunderung, ja Enthusiasmus sind nun mal der allerbeste Treibstoff für die affirmative Aneignung von Visionen. Das gilt freilich auch für Journalisten: ein Testmuster ist wenig bis nichts wert, wenn es nicht mit bestimmten Erwartungen, Projektionen, Lustgefühlen und persönlichen Sympathien aufgeladen wird. Im Idealfall eignet sich der Schreiber das beschriebene Objekt an, im wahrsten Sinne des Wortes. Das Zücken der Brieftasche ist der Ritterschlag, das finale Urteil, die praktische Bestätigung einer positiven Bewertung. Und ich spreche hier keinesfalls vom Privatmuseum nie retournierter, aber auch kaum mehr gebrauchter Me Too-Rezensionsexemplare und Gelegenheitskäufe „zum Journalistenpreis“.
Mal schau’n, wie’s in ein paar Monaten um den/das iPad steht. Laut Apple handelt es sich ja um „unsere fortschrittlichste Technik in einem magischen und revolutionären Gerät zu einem unglaublichen Preis“. Bei aller Superlativ-Gäubigkeit und Gadget-Geilheit: ich habe mich auch lange gegen CD-Player, SUVs, Farblaserdrucker, Energiesparlampen, Kabelfernsehen und e-Reader gewehrt. Bisweilen mit dauerhaftem Erfolg. Ein Blu-ray-Player ist mir bis heute nicht ins Haus gekommen. Dafür aber ein Paar monsterhafte Monitor-Aktivboxen aus dem Hause Yamaha. Warum, erzähle ich Ihnen in genau einer Woche. Stay tuned.