Archive for Mai, 2012

Daumen rauf, Daumen runter

26. Mai 2012

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (161) Der Erfinder der kabellosen TV-Fernbedienung
ist tot. Seine Erfindung eventuell bald auch.

“Nur wenige Entwickler dürften die Welt derart nachhaltig geprägt haben wie Eugene Polley”, schwadronierte der “Stern”, als vor wenigen Tagen die Nachricht vom Tod des 96jährigen US-Bürgers die Weltöffentlichkeit erreichte. Eugene Who? Ich hätte, ehrlich gesagt, auch nicht gewusst, was nun genau die Verdienste und Meriten des Mannes waren.

Aber man bekommt die Erklärung ja umgehend mitgeliefert: Polley erfand in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die kabellose TV-Fernbedienung. Die “Zenith Flash-Matic” erinnert zwar aus heutiger Sicht eher an einen Miniatur-Haarfön oder eine Gartenspritze im Gottfried Kumpf-Design, aber sie funktionierte. Wenn auch anders als die tastenübersäten Plastikriegel, die wir – (un)gern oft im halben Dutzend – vor uns auf dem Couch-Tisch liegen haben. Polleys “Flash-Matic”, mit der man gerade mal an- und ausschalten, die Kanäle wechseln und die Lautstärke ändern konnte, sendete einen Lichtstrahl aus, den der Zuschauer auf Sensoren in der Ecke des Fernsehgeräts richtete.

Später stieg man auf Ultraschall um (das allererste Modell namens “Space Command” hat übrigens ein Österreicher erfunden, Robert Adler). Dann auf Infrarot. Und noch später auf Apps, die man der neumodernen Universal-Remote Control namens Smartphone verfütterte. Aber das Prinzip des Konsumenten-Szepters blieb mehr oder weniger immer dasselbe. Halten wir an dieser Stelle kurz inne. Und ziehen den Hut im stillen Gedenken an den Urvater aller Couch Potatoes und Zapping-Philippe.

Doch die Welt dreht sich weiter. Und zwar ziemlich rasant. Denn die kalifornische Start Up-Firma “Leap” will uns allen demnächst kleine, billige Kästchen („Leap Motion“) ins Haus stellen, die per USB-Kabel mit dem Computer und bald auch, jede Wette!, mit dem Patschenkino verbunden werden. Und eine Steuerung der Geräte durch “in der Luft ausgeführte Touch-Gesten” ermöglichen. Also per Fingerzeig. Man kann sich das ähnlich vorstellen wie das Spielen von X-Box-Games per Microsoft Kinect. Oder das Herumgefuchtel vor der konkurrierenden Sony Playstation oder der Wii von Nintendo, wenn man sich schweisstreibende virtuelle Tennismatches oder Säbelduelle liefert. Nur mit weit höherer Präzision. Und damit deutlich mehr Eleganz.

Daumen rauf! für die Idee. Daumen runter!, wenn das Ding nicht hält, was es verspricht.

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Zuckerbergwerk

19. Mai 2012

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (160) Goldmine oder Riesen-Blase? Warum der “Facebook”-Börsegang kaum jemanden kalt lässt.

Na, mit an Bord beim GRÖBAZ, beim grössten Börsegang aller Zeiten? Wenn ja, sind Sie ab sofort stolzer Mitbesitzer von Facebook. Und nicht mehr nur ein einzelnes blasses Gesicht unter Millionen im Social Media-Ringelreih‘ (wiewohl: die güldene “Investor”-Schleife am Portraitfoto habe ich im Freundeskreis noch nirgends erblickt. Kommt sicher noch.)

Ganz billig war dieses Vergnügen ja nicht, bitt’schön. Ausser Sie haben eventuell nur exakt eine Aktie erworben, um sich damit später mal, “been there, done that”, vor Ihren Enkelkindern brüsten zu können… Also gehen wir die Zukunft gleich strikt offensiv an, kapitaltechnisch. Was schlagen Sie vor, wie sich der Wert des Unternehmens und damit Ihr potentieller Reibach steigern lässt? Mehr Werbung? Einen Online-Store für virtuelle Statussymbole? Die skrupellose kommerzielle und soziografische Verknüpfung und Auswertung der gesammelten Daten? Eine noch engere Zusammenarbeit mit FBI, CIA und dem Otto Versand? Die Möglichkeit, sich gegen Geld all die lästigen Geister möglichst vom Hals zu halten?

Die Fragen mögen Ihnen, ganz nach Geschmack, provokant oder lachhaft (oder beides zugleich) vorkommen. Aber sie sind ernst gemeint. Denn ab sofort geht es um das Auf und Ab des Börsenkurses. Kategorisch. Die Manager werden einen Teufel tun und auch nur einen Millimeter vom Pfad der Umsatz- und Gewinnmaximierung abweichen.

Wie die Strategie dahinter aber auszusehen hat, darüber könnten die Ansichten und Meinungen bald auseinandergehen. Und zwar heftig. Nicht nur auf der Kapitänsbrücke, sondern auch im Passagierdeck des Social Media-Flaggschiffs, das zugleich der Laderaum ist. Der Rohstoff, der hier gelagert, gehandelt, geknetet und verwurstet wird, sind private Schöpfungen (deren Urheberrechte man übrigens elegant per AGB’s einzukassieren versucht), menschliche Emotionen und höchstpersönliche, bisweilen intimste Informationen. Auch wenn Humanwissenschafter, Statistiker und Marc Zuckerberg das wahrscheinlich anders sehen: es gibt keine komplexere, unberechenbarere Materie weit und breit. Sie besitzt eine ungeheure immanente Sprengkraft. Und Facebook könnte es schneller zerreissen als die Zeppelin-Industrie einst in Lakehurst, New Jersey.

Sie fragen, ob auch ich Aktien des Unternehmens erworben habe? Nein, habe ich nicht. Mein Bauchgefühl sagt: lass‘ die Finger davon. Es hat mich noch selten getrügt.

Weisser Hase, schwarzer Stecker

12. Mai 2012

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (159) Nach dem Smartphone wird nun auch die Steckdose intelligent. Wo steuern wir hin?

Apps, Apps, Apps. Mittlerweile beherrschen die smarten kleinen Applikationen mit den zuckerlbunten Logos unseren Alltag. Diese spielerische Form der Darreichung von „Anwendungsprogrammen“, also zweckdienlicher Software für den Hausgebrauch, scheint der Multitasking-Unwilligkeit (eventuell auch -Unfähigkeit), die offenbar in uns allen steckt, enorm entgegenzukommen. „One pill makes you larger / and one pill makes you small“, sangen schon Jefferson
Airplane in ihrer Sixties-Pop-Hymne „White Rabbit“. Die meinten damit zwar Lysergsäurediethylamid und andere Drogen, aber allzufern sind da auch die digitalen Beruhigungspillen für den Durchschnittsnerd nicht.

Man sollte keineswegs den Fehler machen, die Miniatur-Programme zu unterschätzen. Ihre Mächtigkeit und Universalität erschliesst sich oft erst in Verbindung mit Hardware, der sie – vorzugsweise gesteuert via iOS- oder Android-Smartphone – sanft ihren Willen aufzwingen. Gibt es überhaupt noch Menschen da draussen, die z.B. „normale“ Fernbedienungen benutzen? Gewiss, eine überspitzte rhetorische Frage. Noch. Denn demnächst wird man wohl auch die Temperatur des Badewassers, den Stromverbrauch des Kühlschranks oder die durchschnittliche Schnarch-Dauer und -Intensität des Lebensabschnittspartners über eine App kontrollieren.

Wie das? „QGate“, die Entwicklung eines österreichischen StartUp-Unternehmens, hat zu diesem Zweck eine „schlaue Steckdose“ mit integrierter Funkanbindung (868 MHz) entwickelt, die mit einem Energiemesser, einem Helligkeits- und Temperatursensor, einem Mikrofon und einer eigenen SIM-Card ausgestattet ist. Das Ding lässt sich via Mobiltelefon von überall auf diesem Planeten an- und ausschalten. Und sogenannte „QApps“ – clevererweise lässt man die Entwicklerumgebung für jeden Hobbyprogrammierer offen – sagen dann dem Zwischenstecker, was er genau tun oder lassen soll. Fehlt nur mehr ein fernsteuerbarer Roboterarm.

Von einem „Schweizer Messer der digitalen Nomaden“ spricht denn auch „QGate“-Vermarkter Martin Buber. Dann noch ein „On/Off“-Schalter für das, was wir Realität nennen, und eine App für Instant-Glück, Geld und Schnarchfreiheit – und er ist ein gemachter Mann.

Schwarzseher

5. Mai 2012

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (158) “Geplante Obszoleszenz”? In diesem Wortmonster steckt der Wurm unseres Wirtschaftssystems.

Die moderne Welt ist reich an Absurditäten. So drehten dieser Tage die heimischen Zeitungsverleger dem ORF via Rundfunkgesetz und Bundeskommunikationssenat jegliche Social Media-Schnittstellen ab. “Wir sind Kaiser”, Ö3, FM4 & Co. dürfen ab sofort auf Facebook und eventuell sonstwo im Web 2.0 nicht mehr mit ihren Sehern und Hörern kommunizieren. Jedenfalls nicht direkt und “offiziell”.

Glauben Manager privater Konkurrenzmedien ernsthaft, mit virtuellen Schrebergartenzäunen ihre Claims absichern zu können? Und wie genau stellen sich die Medienpolitiker dieses Landes die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Multimediaorgel vor? Vielleicht sollte man diese Fragen klären, bevor man am Küniglberg – wo man dem restriktiven Gesetzestext kurioserweise zugestimmt hat – grosse Umzugspläne wälzt. Kunden verdrossen, Anstalt geschlossen? Ich sehe, wenn das so weitergeht, ernsthaft schwarz.

Sollte es Ihnen ähnlich gehen und Ihr TV-Gerät unlängst ein Blackout ereilt haben, überprüfen Sie doch mal, ob die Satellitenschüssel immer noch auf analogen Empfang ausgerichtet ist. Dieses Signal wurde nämlich Ende April ebenfalls abgedreht. Im Notfall hilft der Fernsehtechniker mit einem neuen Digital-Receiver und LNB (das ist das Empfangsteil an der Schüssel) weiter. Dass Sie Ihre GIS-Gebühren brav bezahlt haben, setze ich voraus. Dass das nicht die letzte erzwungene Investition in den technischen Status Quo bleibt, darf angenommen werden.

Sollte nun der Bildschirm immer noch dunkel bleiben, könnte das an Ihrer Hardware liegen. Wie, Sie haben sich erst vor zwei, drei Jahren einen schicken Flachbildschirm angeschafft? Zum ungefähr doppelten bis dreifachen Preis dessen, was die Dinger heute kosten? Das ist der Kern des Problems: mit LCD-, LED-, Plasma- und demnächst OLED-Monitoren verdient die Elektronikindustrie kaum mehr Geld (fragen Sie z.B. mal den Sony-Händler Ihres Vertrauens).

Also setzt man – nicht offen, aber auch nicht gerade streng geheim – auf “geplante Obszolesenz”. Sprich: die Lebensdauer Ihres Geräts ist vorprogrammiert. Und weit kürzer, als sie materialtechnisch sein müsste. Da sich eine Reparatur, wenn der Monitor kein Bild mehr zeigt (zufälligerweise oft kurz nach Ablauf der Garantiezeit), im Regelfall “nicht auszahlt” – so die Standardfloskel in der Werkstatt –, muss natürlich ein neues Gerät her. Das ist der Standardkreislauf unseres Wirtschaftssystems.

Sie halten das für einen Skandal? Unter uns: ich auch. Aber niemand wird uns je danach fragen.

Wir müssen nur wollen

3. Mai 2012

„Die edelste Nation unter allen Nationen ist die Resignation“, wusste schon Johann Nepomuk Nestroy. Der gibt heute einem österreichischen Theaterpreis den Namen. Wir wollen aber – einmal mehr – über den grössten Musikpreis des Landes sprechen. Den „Amadeus“. Und ein paar andere Sachen mehr.

Neulich war ich versucht, ein mail abzuschicken, das dem Titel dieser Blog-Site alle Ehre machen würde. Weil es nämlich an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig gelassen hätte. „Trefflicher lässt sich die Visions- und Mittellosigkeit eines Vereins kaum mehr demonstrieren“, stand in dem Elektropoststück (das ich dann, begleitet von einem resignativen Achselzucken, doch nicht abgeschickt habe), „als durch die Homepage, die als aktuellsten Eintrag „News“ vom November 2010 (!) ausweist. News, die dem erstaunten Besucher verkünden, eine neue Website sei „in der Fertigstellungsphase“.

Ich hatte mir dieses Mahnmal frappierender Untätigkeit angesehen, weil ich eine Einladung zur Mitgliederversammlung und zur Wahl eines neuen Vorstands erhalten hatte – und kurz die Regung verspürte, nachzuschauen, was denn überhaupt der selbstdefinierte Aufgabenbereich dieser Assoziation ist, für die ich jährlich einen (vergleichsweise geringen) Mitgliedsbeitrag löhne. Und wo sich soetwas wie eine Leistungsbilanz ablesen liesse. Aber da war weithin wenig zu finden. Zur Vereinssitzung bin ich dann gar nicht mehr hingegangen. Wozu auch? Immerhin konnte man auf Facebook bald danach die Namen und Mitglieder des neuen Vorstands nachlesen. Sie entsprachen weitgehend den Namen des alten Vorstands. Aber vielleicht packt die Damen und Herren ja nun der Ehrgeiz und sie entwickeln eine ganz frische, ungewohnte Dynamik. Die potentielle Agenda einer Interessensvertretung heimischer Indie-Labels würde diese anno 2012 allemal dringend benötigen.

Aber lassen wir das. Mit meiner kleinen Musikproduktion bin ich ja auch Mitglied eines zweiten, weit grösseren Vereins (mit einem deutlich höheren Mitgliedsbeitrag), der u.a. jährlich den „Amadeus“ veranstaltet. Dieser ist der grösste, aufmerksamkeitsstärkste und wichtigste Musikpreis des Landes – nicht zuletzt, weil er auch der einzige ist. Und, ja, ich finde es generell löblich, dass man sich der Sichtbarmachung und öffentlichen Wertigkeit von Musik annimmt. Jede Branche, die etwas auf sich hält, feiert sich einmal im Jahr selbst. Auch wenn’s natürlich eine sensible Sache ist, alle Partikularinteressen, unterschiedlichen Vorstellungen und individuellen Befindlichkeiten unter einen Hut zu bekommen. Der Charme des „Amadeus“, schrieb ich einmal an anderer Stelle (und vor vielen Jahren) sinngemäß, rührt daher, dass er es schafft, die verschiedenen Lager und Cliquen im Bereich der Musikproduktion legér zu versammeln und mit einer guten Portion Unterhaltungswert, Selbstironie und Schmäh zu präsentieren. Punktum. An diesem Standpunkt hat sich wenig geändert. Auch nicht durch das jährliche Deja-vú der Lektüre der „Standard“-Kritik.

Trotzdem fühlte ich mich am Abend des 1. Mai unwohler als sonst. Denn der Sinn und Impetus der Veranstaltung erscheint mir zunehmend hinterfragenswert. Zunächst einmal fiel (nicht nur mir) auf, dass z.B. die Kulturpolitik dieses Landes kaum vertreten war in den Zuschauerrängen. Kaum? Nein: gar nicht. Keine Ministerin Schmied, keine Kultursprecher diverser Parteien, nicht einmal Altpolitiker und Ex-Schizo-Punks wie etwa Franz Morak waren in den Rängen und Logen des Volkstheaters auszumachen.

Schade, denn immerhin wird derzeit in diesen Reihen eine branchenrelevante Debatte mit einer Vehemenz geführt, die bislang eher nicht auf der Tagesordnung stand. Und wo liessen sich z.B. trefflicher Lob oder Tadel zur politischen Willensbildung in Sachen Festplatten-Abgabe, Urheberrechts-Streit oder Kulturbudget anbringen, als im launigen Gespräch an der Bar bei der „Amadeus“-Aftershow-Party? Eventuell sogar mit Augenkontakt zwischen prominenten Künstlern, Interessensvertretern und Abgesandten aller Parteien (sogar, oh ja! der „Piraten“. Die sitzen demnächst auch im Hohen Haus.)? Natürlich kann solch ein Abend keine parlamentarische Enquete ersetzen und keine tiefergehende intellektuelle Diskussion. Aber so zu tun, als wäre alles eitel Wonne und als Kreativindustrie nicht einen Millimeter über kreative Kommunikation im Rahmen eines positiv aufgeladenen Events nachzudenken, enttäuscht doch. So blieb es den Burschen von 5/8erl in Ehr’n (Preisträger der undefinierbaren Kategorie „Jazz/World/Blues“) überlassen, auf das eine oder andere akute Problem hinzuweisen. Der Applaus dafür war ein denkwürdig kräftiger.

Der „Amadeus“ als unterhaltsamer Spiegel oder gar soetwas wie eine Leistungsschau der Branche bedürfte aber auch – bei allem Respekt für den verlässlichen und engagierten TV-Partner Puls 4 (danke dafür!) – dringend einer medialen Aufwertung. Natürlich sind die Presseausschnitte, die man als IFPI-Mitglied frei Haus geliefert bekommt, in ihrer Quantität repräsentabel. Aber besonders ernst genommen wird der Preis – unter uns – nicht. Tendenz weiter fallend. Der ORF etwa als grösste Medienorgel des Landes (und meines Wissens nachwievor ausgestattet mit einem „Kulturauftrag“) hält sich – mit der löblichen Ausnahme von FM4 – nun seit Jahren zurück. Dieser (Un-)Zustand muss endlich aufgebrochen werden. Wenn nicht auf diplomatischem Weg (sitzt nicht der IFPI-Generalsekretär zugleich im ORF-Stiftungsrat?), dann mit jenem Argument, das allseitig verstanden wird: Geld. Ich weiss schon: das fehlt an allen Ecken und Enden. Sowohl hie wie da. Aber Attraktivität ist zuvorderst eine Frage der Selbstbehauptung und Eigenermächtigung. Mit mangelnder Ambition wird man keine Sponsoren, Mitstreiter und Partner anziehen.

Und, ja, die sollte es sehr wohl geben. Musik ist ungebrochen die emotionalste und wirksamste Dicht-, Kleb- und Knetmasse im Marketing-Fach. Ich meine das nicht zynisch: jedes Unternehmen, das offensiv mit heimischen Tönen für sich und seine Produkte wirbt (und solchermassen auch in die Künstler, Studios, Labels usw. investiert), hätte einen Extra-„Amadeus“ verdient. Und man sollte über Auszeichnungen abseits reiner Künstler- und Interpreten-Ehrungen allemal nachdenken. Vorgeschlagen wurde es schon oft genug.

Man müsste halt wissen, was man will. Und es dann auch wirklich wollen. Wenn es bei diesem Preis aber nur mehr um eine milde Form der Selbstbestätigung oder gar Selbstberuhigung geht – frei nach dem Motto „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst“ –, dann kann man sich das alles natürlich sparen. Die sozial-kulturelle Geldschatulle zulassen. Und irgendwo eine lässige, weil vollkommen unangestrengte Underground-Party feiern. Zu der halt kommt, wer immer kommen mag. Und, nein, ich bin mir nicht sicher, dass ich als gelernter Österreicher die Sause dann demonstrativ schwänzen würde.

P.S.: Von wegen Wollen. Ich schreibe diese Zeilen in Papierform für das Magazin „Film, Sound & Media“. Es ist seit vielen Jahren das Fachmedium für die, nomen est omen, Musik-, Bewegtbild- und Radiobranche des Landes. Gemacht von einem durchaus engagierten Team. Okay, man kann darüber streiten, ob es nicht anders, besser, umfangreicher, kostengünstiger, gehaltvoller, unkritischer, anschmiegsamer oder kontroversieller laufen könnte mit solch einem Organ. Diese Debatte wird auch da und dort geführt, alle Jahre wieder, meist hinter vorgehaltener Hand. Und das, finde ich, sollte, könnte und müsste offener, ehrlicher und konstruktiver geschehen. Und konsequente Entscheidungen generieren. Denn Qualität kostet Geld. Der Wunsch, eine „eigene“, branchenaffine Fachzeitschrift zu haben, macht ja generell Sinn. Stichwort: Innen- und Außenwirkung. Man muss sich nur entscheiden, was genau man haben möchte. Zu welchem Zweck. Und zu welchem Preis. Und ob und wie man sich den leisten kann. Und will. Auch hier gilt: halbe Sachen bringen wenig bis nichts. Ganze Sachen bedürfen einer Vision, einem Gemeinsinn und klarer Entscheidungen. Wir müssen nur wollen.

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