Archive for November, 2012

Vom Fressen und Gefressen-Werden

29. November 2012

Neue Zeiten brauchen neue Medien. Aber gelten nicht, wenn es um Inhalte, Aufgabenstellungen, Stil, Aufmachung und Qualität geht, die alten Spielregeln? Und dreht es sich nicht immer alles um die Frage: wer zahlt? Und: wofür?

Ich schreibe diese Zeilen in „Film Sound & Media“, einem, nein: dem „Magazin für die österreichische Entertainment- & Medienbranche“, wie der Untertitel selbstbewusst proklamiert. Diese Gazette – zunächst ein Art Zentralorgan der heimischen Musikbranche, mittlerweile notwendiger- und dankenswerterweise mit einem grösseren Horizont ausgestattet – erscheint, wenn ich mich recht erinnere, seit Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Zunächst zweiwöchentlich, nunmehr annähernd monatlich.

Ich selbst steuere die Kolumne, die Sie gerade lesen, seit ungefähr acht Jahren bei. Eine launige, subjektive, oft nicht gerade – nomen est omen – unkritische Kolumne, die nicht immer nur Beifall fand und findet. Was mir nur recht ist: Widerspruch ist willkommen, ja geradezu erwünscht. Beiläufige, langweilige und kaum je wirklich wahrgenommene Gefälligkeitsartikel sollen andere schreiben, dafür bin ich der falsche Mann. Und weil dem so ist, überlege ich gerade, einen Nachruf zu verfassen. Einen Nachruf auf diese Kolumne. Diese Zeitschrift. Den konsensualen Geist, der ihr Erscheinen erst ermöglichte. Einen Nachruf auf eine Ära, die absehbar zu Ende geht.

Das ist natürlich pure Provokation. Sie kennen das, sind derlei von „Grob Gröber Gröbchen“ schon gewohnt. Aber mir ist es ernst. Ich schreibe diese Zeilen zu einem Zeitpunkt, da allerorten das grosse Zeitungssterben anhebt. Zumindest jenseits des Schrebergartenzauns. Die „Financial Times Deutschland“, wahrlich nicht die schlechteste Wirtschaftszeitung, wird eingestellt. Die „Frankfurter Rundschau“ ist insolvent. Die Stadtzeitung „Prinz“ verlagert ihre Aktivitäten ins Netz. „Newsweek“ dito. Nach fast achtig Jahren gibt es das renommierte US-Wochenmagazin nicht mehr am Kiosk. In Österreich kündigen „Die Presse“ und der „Kurier“ Journalisten, andere werden folgen. Der Paradigmenwechsel der Digitalära erfasst die „Holzmedien“ peu á peu.

Und er ist tiefgreifender, radikaler, folgenreicher, als es sich viele gut bezahlte Lotsen, Stewardessen und Steuermänner auf den Brücken der einstmals so stolzen Dickschiffe der Medienindustrie vorstellen konnten. Und wollten. „Wir haben die schöpferische Zerstörungskraft des Internets zwar seit unserer Gründung so intensiv beschrieben wie kein anderer in Deutschland“, bekennt etwa die Chefredaktion der „Financial Times“ in ihren Abschiedsworten. „Es ist uns allerdings nicht gelungen, darauf aufbauend ein Geschäftsmodell zu entwickeln, das unseren Anspruch an Journalismus zu finanzieren vermag.“ Dennoch, der Glaube an „schöpferische Zerstörung“ und „neue Geschäftsmodelle“ sei ungebrochen. Nun: ja. Aber wenn man es gezählte dreizehn Jahre lang nicht schafft in einem der potentesten, kopfstärksten und innovativsten Verlagshäuser Europas, letztere zu finden, zu kanalisieren und für sich zu nutzen: wo stecken sie dann?

Man ist geneigt – „Lass’ sie Zukunft fressen!“ –, Frank Schirrmacher rechtzugeben in seinen notorisch gedankenmächtigen, bildungsbürgerlichen Rundumschlägen wider die Profiteure der rückhaltlosen Auflösung althergebrachter Strukturen und Denkmodelle. Man könnte auch milde lächeln, weil nicht gerade wenige Journalisten jahrelang nur Spott & Hohn übrig hatten für das erste Opfer, quasi die Negativ-Avantgarde der neuen Epoche: die alte, verschlafene Major-Musikindustrie – und nun die Revolution diese Kindsköpfe frisst. Oder man hat es sich, wie manche vermeintliche Kriegsgewinnler und frischgeföhnte Selbstausbeuter, im Windschatten von Google, Apple, Facebook, Amazon, Spotify & Co. bequem eingerichtet, ideologisch und/oder ökonomisch, und kaut an dem einen oder anderen Knochen, der einem gelegentlich zugeworfen wird.

Aber halt! Das ist eine zu zynische, zu negative Sicht der Dinge. Und eventuell auch eine zu unrichtige. Denn in einem Punkt haben die „Financial Times“-Chefdenker schon recht: jeder schöpferische Prozess bringt zwangsläufig, über kurz oder lang, tatsächlich neue Geschäftsmodelle mit sich. Wenn die Gesellschaft „Geschäften“ aber seit kurzem misstraut – sie tut es nicht wirklich, wage ich zu behaupten –, dann sind es eventuell neue Gesellschaftsmodelle. Und wenn man dem italienischen Marxisten Antonio Gramsci glauben darf, besteht eine Krise, jede Krise, daraus, „dass das Alte stirbt und das Neue nicht geboren werden kann.“

Was hat das alles mit „Film Sound & Media“ zu tun?, werden Sie fragen, einem vergleichsweise winzigen, eventuell unwichtigen Vereinsblättchen einer im globalen Maßstab winzigen, weithin unwichtigen heimischen Entertainment-Industrie? Nun: jede Menge. Man wird sich – wohl rascher und klarer, als von manchen erwartet – für oder gegen einen eigenen Standpunkt entscheiden müssen. Für oder gegen eine eigene Stimme im Meer der kakophonischen Miß- und Desinformation. Und für oder gegen ein eigenes Organ, das diese Stimme transportiert.

Dieses Organ heisst zur Zeit – nicht nur, aber auch – „Film Sound & Media“. Nicht, dass es an diesem Magazin nichts zu kritisieren gäbe (inklusive – gern, wie gesagt! – dieser Kolumne ganz zum Schluß.) Nicht, dass dieses Blatt nicht auch im Internet, als Online-Medium, erscheinen könnte. Zusätzlich. Oder ausschliesslich. Nicht, dass eine Branche nicht auch gänzlich ohne Mitteilungshefte dieser Art auskommen könnte.

Aber wenn man nun mal ein „Magazin für die österreichische Entertainment- & Medienbranche“ herausgibt, finanziert und mit Inhalten bestückt – von der Filmindustrie bis zu den Privatradios, von der öffentlich-rechtlichen Medienorgel bis zur Landesfiliale einer Major-Plattenfirma, vom selbstbewussten Indie-Label bis zur Wirtschaftskammer-Unterabteilung – und dies mit einem gewissen Grad an Selbstreflexion, Stolz und Mitteilungsbedürfnis tut, dann sollte man ein Auge darauf werfen, ob dieses Medium zeitgemäss, engagiert und effizient die Aufgabenstellung erfüllt. Und wenn es das (vermeintlich oder tatsächlich) nicht tut, dann gilt es dafür Sorge zu tragen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Wenn nun aber die schon länger anhaltende Klage der operativen Kür- & Pflichterfüller lautet, dafür seien die Geldmittel zu schmal bemessen, der Wille zu schwach und das solidarische Prinzip des An-einem-Strick-Ziehens längst zu fadenscheinig, und wenn man dann allerorten nur ein müdes Kopfnicken als Reaktion erhält – dann brennt der Hut. Dann könnte es sein, dass dieser Nachruf – auf eine Kolumne, auf eine Zeitschrift, auf eine Ära – Wirklichkeit wird. Rascher, radikaler und rückstandsloser, als manche glauben. Vielleicht kommt ja Besseres nach.

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Uhrenvergleich

25. November 2012

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (187) Die “Qlocktwo” ist ein Chronograph, für den Uhrensammler eine neue Kategorie erfinden müssen.

Das MAK, das österreichische Museum für angewandte Kunst und Gegenwartskunst, war lange im Gerede. Eines Direktors wegen, der seine eigentliche Aufgabenstellung – die Sammlung und Vermittlung von Kunsthandwerk, Grafik und Design – mit neo-feudalistischem Gehabe verwechselte. Und sein eigenes Konterfei auf die Eintrittskarten drucken ließ.

Immerhin war er so pragmatisch-generös, neben Ausstellungen nordkoreanischer Propaganda-Kunst (“Blumen für Kim Il Sung”) auch der grössten heimischen Uhrenschau im MAK eine Heimstätte zu bieten. Zielgruppe: die Reichen und Schönen des Landes. Mit genug Geld im Börsel, um sich Zeitmesser abseits der Swatch-Liga zu kaufen. Eigentlich etwas für Spiesser und Klassenfeinde, oder? Egal: “Viennatime” ist seit Jahren ein Erfolg. Auch heuer strömten wieder über zehntausend Bewunderer exquisiter und exklusiver Chronometer in die Prunkräume am Wiener Stubenring.

Und, ja, die Beschäftigung mit Uhren ist Auseinandersetzung mit Kunst. Im weitesten Sinn. Mit Schmuck-Kultur. Mit feinmechanischer Finesse. Mit dem ewigen Kreisen um die philosophische und materielle Qualität von Zeit. Inklusive kleiner und grosser Komplikationen (das allerdings sind in der Uhrenindustrie positiv besetzte, weil preissteigernde Begriffe, die das Machbare abstecken). Anno 2012 hat es erstmals auch eine heimische Uhren-Manufaktur – Habring nämlich – geschafft, von einer Fachjury unter die Top-Marken in einer von insgesamt sieben Kategorien gewählt zu werden. Mit einer Sportuhr. Im Gegensatz zu vielen arg protzigen, überladenen und verschmockten Kandidaten ist die “Doppel 2.0” geschmackssicher geraten.

Insgesamt ist die Branche ja doch sehr konservativ. Digitaluhren z.B. gelten auf der “Viennatime” als Fremdkörper. Nun: wenn ich einen Preis zu vergeben hätte, dann ginge er an eine Uhr, die ganz anders tickt als alle anderen, die man so kennt: die “Qlocktwo” von Biegert & Funk. Dieser Chronograph zeigt die Zeit typografisch an, also wortwörtlich: “Es ist Viertel nach Zwei”. Ohne Zeiger, ohne Ziffern. Leider gibt es das quadratische Schmuckstück für die Wand nicht als Armbanduhr. Aber man kann die Originalität und Eleganz des Prinzips “in klein” testen: man findet “Qlocktwo” auch als App für Android oder im iPhone Store, Kategorie Lifestyle. Zeitlos verblüffend.

P.S.: Erratum. Es gibt die „Qlocktwo“ doch auch als Armbanduhr. Unter dem Namen „Qlocktwo W“. Seit Herbst 2012. Und für die „große“, nicht ganz billige Vorlage gibt’s mittlerweile sogar schon Nachbauanleitungen.

Im Trotzwinkerl

17. November 2012

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (186) Medien ohne Rückkanäle sind wie Audiogeräte ohne Funkanbindung: irgendwie von gestern.

Sogar im Urlaub, ein paar tausend Kilometer fern der Heimat, verspürt man den Drang, sich heftig an die Stirn zu tippen. Der Grund? Der “Bundeskommunikationssenat”, so liest man im Internet nach, und die “KommAustria” – kurz gesagt: die einschlägigen politbürokratischen Aufsichtsorgane des Landes – untersagen dem ORF, seine Sender, Sendungen und Inhalte auf Facebook zu bewerben. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Interpretation des Gesetzes bestätigt. Der Verfassungsgerichtshof dagegen gab – so der aktuelle Letztstand – einer Beschwerde des ORF-Managements gegen diese Entscheidung nach und verlieh ihr aufschiebende Wirkung. Ein unwürdiges Hin- und Her, einmal mehr prolongiert.

Wahrscheinlich ist und bleibt: die grösste Medienorgel des Landes muß ihre Social Media-Verbindungen kappen. Das ist natürlich kurios, weltfremd, vom sprichwörtlichen kleinen Gebührenzahler sicherlich so nicht gewollt. Aber die Zeitungsverleger sehen sonstigenfalls ihre Zukunft gefährdet. Im Abtausch hat man dem ORF mehr Werbezeit und Gebühren zugestanden. Man könnte lachen, wäre es nicht zum Weinen: da setzen hochbezahlte Politiker, Generaldirektoren, Finanz- und Kommunikationsexperten ihre Unterschrift unter prohibitive Basar-Vereinbarungen, die mit der heutigen Medienwelt wenig bis nichts zu tun haben. Und zeigen damit dem p.t. Publikum, das sich längst in fremdbestimmte digitale Sphären verläuft, dass es zwar zahlen darf, aber mitreden eher nicht. Man darf gespannt sein, wie die Herrschaften sich aus diesem Schlamassel wieder befreien.

Soweit, so schlecht. Was fange ich jetzt mit dem restlichen Platz der Kolumne an? Nun: ich eröffne demonstrativ einen Rückkanal. Vorige Woche z.B. empfahl ich an dieser Stelle kleine, hilfreiche Bluetooth-Adapter, die Probleme mit einer plötzlich unaktuell gewordenen iPhone-Schnittstelle lösen. Und Musik empfangen, ganz ohne Kabel und Stecker. Was einige Leser(innen) dieser Zeilen zu Protesten veranlasste: ja, sei mir denn nicht bekannt, dass Bluetooth miese Audio-Qualität bedeute? Schon, meine Damen und Herren. Aber inzwischen gibt es auch verbesserte Standards dieser Funktechnik – A2DP oder Apt-X etwa, die durchaus probat klingen. Und Pop, Klassik oder Volksmusik sind nun mal im Alltag keine High End-Demonstrationsobjekte. Es herrschen Praktikabilität und Bequemlichkeit.

In den unzähligen Elektronik-Kaufhäusern, Technik-Shops und Bazar-Klitschen meines Urlaubsorts Bangkok kann man ein Lied davon singen: ohne Bluetooth-Connection geht da gar nichts mehr. Weder bei Smartphones, Kopfhörern und mobilen Lautsprechern noch bei Docking Stations, Autoradios oder Stereoanlagen. Fernost-Ramsch? Nein: ein pragmatischer, konsumentengetriebener, undogmatischer Trend. Qualitätsfanatiker bleiben besser daheim. Im Trotzwinkerl.

Blitz & Blauzahn

10. November 2012

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (185) Ihr Funkberater empfiehlt: Bluetooth-Verbindungen ersparen Kabel, Adapter und Verdruß.

Manchmal sind es unspektakuläre, unkomplizierte, ja geradezu unscheinbare Dinge, die den Alltag erleichtern. Enorm erleichtern. Man fragt sich förmlich, warum nicht schon vorher jemand auf die Idee kam. Und wenn es dann auch noch nicht die Welt kostet, dieses Objekt der Begierde, dann ist’s umso beglückender.

Vielleicht ist diese Einleitung eine Spur zu pathetisch, denn es geht in Folge “nur” um ein simples Zubehörteil. Für das iPhone von Apple. Und hier nicht mal um das allerneueste Modell – denn das aktuelle iPhone 5 wurde ja bekanntermassen mit einem “Connector” (es handelt sich dabei um die Auflade- und Datenschnittstelle) namens “Lightning” aus- und aufgerüstet. Dieser Anschluß ist natürlich kleiner, eleganter und gewiß auch innovativer als der alte 30-Pin-Anschluß, der all die Jahre über seinen Zweck durchaus erfüllt hat. “Lightning” ist vor allem eins: vollkommen inkompatibel zu allem, was sonst am Markt ist.

Die großspurige Ankündigung des Industrieverbands der Mobilfunkindustrie GSMA aus dem Jahre 2009, in längstens drei Jahren würden – auf Druck der EU-Kommission – Handies mit standardisierten Micro-USB-Anschlüssen ausgeliefert und liessen sich so mit universell verwendbaren Standard-Netzteilen aufladen, hat sich als Rohrkrepierer erwiesen. Die Hersteller, allen voran Apple, kochen nachwievor ihr eigenes Süppchen. Und das schmeckt nicht jedem.

Besitzer von Docks und Soundsystemen mit einem Connector alter Bauart – das dürfte noch für Jahre deutlich die Mehrzahl sein – freuen sich sicher narrisch über all die plumpen (und, sollte es sich nicht um China-Importware handeln, auch nicht gerade billigen) Adapter, die ab sofort Verbindungsprobleme beheben sollen. Und wahrscheinlich immer dann vermisst werden, wenn man sie gerade am dringendsten benötigt.

Soviel in Kürze: man wird als iPhone 5-User ohne Adapter nicht auskommen. Aber die Übertragung von Musik lässt sich neuerdings eleganter erledigen. Drahtlos. Ganz im Trend der Zeit. Via Bluetooth. Sandberg, Tangent und wohl demnächst einige Hersteller mehr haben nun “Dock Connectors” und, relativ baugleich, “Bluetooth Links” im Programm, die das lästige Anstecken und Einstöpseln ersparen. Jedes „alte“ Audio-Dock funktauglich machen. Und Ihr Smartphone, aber auch das Apple iPad oder diverse Tablets, MP3-Player oder Laptops anderer Hersteller unkompliziert (das „Pairing“ erfolgt auf Knopfdruck) und tadellos im Raum erschallen lassen.

Kleines Ding, grosse Wirkung. Und ab sofort kein Geheimtipp mehr.

Bankenkrise

3. November 2012

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (184) Brisantes Tagesthema in der Bank Austria-Chefetage: was ist ein “Shitstorm”? Und wie gehen wir damit um?

Man schiebt derlei ja immer vor sich her, aber irgendwann klopft dann die Erinnerungsfunktion des Software-Kalendariums an. Die Steuerberaterin. Oder das Finanzamt höchstpersönlich. Letzteres zumeist eher unsanft. Jetzt im Herbst gilt es – aber gilt es das nicht eh das ganze Jahr über? – jede Menge Zahlungen, Überweisungen und Finanztransaktionen zu tätigen. Tunlichst fristgerecht. Zum Monatsersten z.B.

Man begibt sich also als Zeitgenosse, der schon hypothetisch den Weg in die nächstgelegene, eventuell längst geschlossene, zunehmend personell verwaiste, aber dennoch kundenseitig heillos überlaufenene Bankfiliale scheut, in das World Wide Web. Schnurstracks. Online-Banking ist bequem, übersichtlich, ganzjährig zu jeder Tages- oder Nachtzeit verfügbar.

Denkste! Wer – so wie ich – Kunde der Bank Austria ist, wurde vor ein paar Tagen informiert, dass es “im Zug einer EDV-Umstellung zu Problemen im Zahlungsverkehr” kommen könnte. Eine harmlose Untertreibung. Denn Ende Oktober ist das Online-Angebot der grössten heimischen Bank abgekackt. Und bis heute funktioniert es nicht wie gewohnt.

Entschuldigen Sie die deftige Wortwahl, aber sie trifft die Situation: auf Twitter, Facebook und in sonstigen Foren und Netzwerken tobt inzwischen ein ziemlicher “Shitstorm”. So nennt man (halb)öffentliche Massenerregungen, die eine gewisse Eigendynamik entwickeln können. Sie sind in Chefetagen und PR-Abteilungen zu Recht gefürchtet. Im Fall der Bank Austria vermelden Kunden inzwischen, sie würden demnächst zum Sparstrumpf zurückkehren. Oder schlagen das Finanzinstitut für den Friedensnobelpreis vor: “Niemand versteht dieses System, ergo gibt niemand mehr Geld aus, der Konsumwahn hat ein Ende und die Erde ist gerettet.” Bloß: wie erkläre ich das meinem Finanzamt?

Nun: vorgestern bin ich in einem offenbar günstigen Moment hineingeschlüpft in das System. Es ist neu, es ist zäh, es wurde unübersehbar verschlimmbessert. Aber irgendwann, nach der Auflösung des Verkehrs-Rückstaus, wird es wieder flutschen. Wie man aber die elektronische Klagemauer handhabt bei der Bank Austria – ein Knackpunkt bei der Entstehung eines “Shitstorms” – und ob man aus der Kundenkritik etwas konstruktiv ableitet, wird noch monatelang Thema sein. Da wie dort.

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