Anmerkungen zu einem neuen, ganz wunderbaren Album des bislang in Wien und Umgebung weithin unentdeckten Singer/Songwriters Alex Miksch.
Alex Miksch? „Der“ Miksch? Wir kennen diesen Mann ja kaum. Wobei – um gleich mal die Dinge zurechtzurücken – dieses „wir“ nicht als pluralis majestatis gedacht ist, sondern kurzerhand den Schreiber dieser Zeilen und den Empfänger der Botschaft metaphorisch in ein Boot setzt. Einverstanden?
Vielleicht wissen Sie ja mehr als wir. Aus der Sicht des Labels ist es so: seit Jahren raunt man uns, mal deutlicher, mal versteckter, zu, dass wir „den Miksch“ doch hören, wahrnehmen, veröffentlichen und gefälligst großmachen sollen. Ein grandioser Musiker sei das, ein Mann, der sich hinter den Potentaten der aktuellen Singer/Songwriter-, Mundart- & Neo-Wienerlied-Szene – einem Molden etwa, einem Resetarits, dem Nino aus Wien, den Strottern oder den Kollegienbrüdern aus Kalksburg – keinsfalls verstecken brauche. Im Gegenteil. Also stünde dem Kerl eine Karriere nachgerade zu.
Bislang sei Miksch, der eigentlich aus Krems kommt, ja vielleicht nur ein „musicians musician“, also quasi ein Geheimtipp. Unter Kennern. Aber. Eigentlich blühe da lange schon, zu lange ein Genie im Verborgenen. Aber. Und nichts und niemand hätte die Verhältnisse zurechtgerückt. Aber. Aber in Wahrheit sei Alex Miksch der Tom Waits von Wien.
Solche Zuschreibungen sind – und ich schwöre beim Augenlicht meiner Geisteskinder, diesen Satz oft genug gehört zu haben, aus unterschiedlichsten Kreisen und Mündern – gefährlich. Denn erstens kann, soll und muß es keinen Tom Waits aus der Stadt an der Donau geben (selbst wenn man PR-technisch für alles greifbar Griffige dankbar ist, auch ein Ernst Molden musste lange mit dem Etikett leben, er wäre der Leonard Cohen von Wien.) Zweitens gefällt das dem hiesigen Waits-Pendant nicht (und auch über die lobenden Worte des eben erwähnten seelenverwandten Künstlers auf dem Album-Sticker mussten wir lange diskutieren). Und drittens ist Alex Miksch Alex Miksch. Oder, zielstrebig verkürzt: Miksch.
Er hat bislang schon zwei Alben gemacht, hörten wir staunend, denn wahrgenommen hat sie kaum jemand. Wir auch nicht. Das ist ja die Crux: Qualität und Originalität setzen sich nur in den seltensten Fällen aus sich selbst heraus durch. Also können wir nur mit einschmeichelnder Bestimmtheit sagen: ein besseres Album als „Zänd Zamm“ – das auf unserem Label zugleich das Debut-Album von Miksch ist – ist uns seit langer Zeit nicht untergekommen. Seit wirklich langer Zeit. Songs wie „Hundsvieh“, „Vegl“, „Foedhas“ oder gar „Der Turm“ haben eine Schwere und Tiefe und zugleich einen hinterhältigen Witz, wie auch ein ins Waldviertel emigrierter Neil Young sie kaum hinbekäme. Schon wieder so ein übermächtiger Name, der ins Spiel gebracht wird… Bitte um Pardon.
„Zänd Zamm“ wurde mit Mäx Mayerhofer (Gitarren, Banjo) und Florian Weiß (Bass, Mandoline, Akkordeon, Blech) eingespielt und mit weiteren Mitstreiter(inn)en wie Michael Karpfinger, Florian Weisch, Irene Wagner, Josef Kolarz und Jakob Kovacic – und eben nicht mit Crazy Horse. Das heisst aber noch lange nicht, dass diese Leute auch live auf der Bühne stehen werden – die Bandbesetzungen ändern sich ständig, der personelle Kern bleibt allein und immer der Sänger, Gitarrist und Urheber aller Songs: Alex Miksch.
Was wissen wir sonst noch über Miksch? Wenig. Er ist Autodidakt. Er kennt Ronnie Urini. Er soll eine Zeitlang – und das nicht etwa aus Gründen einer verlogenen Authentizität – dem Alkohol mehr zugeneigt gewesen sein, als ihm guttat, aber das gerade wieder zurechtrücken. Er verschmäht dito Zigaretten – und auch das nicht etwa aus Gründen einer verlogenen Authentizität – nicht. Er hat aktuell 749 Freunde auf Facebook. Er spielt nach Expertenmeinung famos Gitarre und das gerne in verrauchten Kaschemmen, intimen Hinterzimmern, abgewetzten Salons und kleinen Beisln. Bislang. Und, ja, er hat natürlich – neben seinen eigenen – auch so ziemlich alle Songs von Tom Waits drauf. Und eventuell auch den einen oder anderen Klassiker von Neil Young, Leonard Cohen, Tim Buckley, Elliott Smith, Scott Matthew oder Georg Danzer. Aber welcher ernstzunehmende Musiker hat das nicht?
„Zänd Zamm“ soll die Visitenkarte für einen neuen Abschnitt im Leben von Alex Miksch sein. Nicht mehr, nicht weniger. Nicht nichts. Die Erdigkeit, der Blues, die Tragik, das Lachen, der tiefschwarze Humor überhaupt, das sind die Ingredienzien, die dieser Überlebenskünstler jeden Tag in sein Leben, seine Präsenz, seine Musik injiziert. Was für die einen Gift ist, wusste schon Paracelsus, ist für die anderen Medizin. Allein die Dosis macht’s. Wir erhöhen sie sukzessive. Einverstanden?