Archive for Januar, 2015

Zuckerberg und Peitsche

30. Januar 2015

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (297) Facebook ändert einmal mehr einseitig die Spielregeln. Wie lange werden wir uns das gefallen lassen?

FB AGB

„Lieber Herr Facebook! Ich esse gerne deftig, habe drei Kinder und eine Visa-Karte. Mein Lieblingswein ist Welschriesling und ich kaufe gerne bei H&M und beim Spar-Gourmet in der Taborstrasse ein. Meistens Rahm-Tilsiter. Ich war schon mal in Italien und schon lange nicht mehr im Kino. Die Schuhgröße ist 43, besser 43 1/2 – ist aber bei Deichmann schwierig zu bekommen. Ich mag Blunzngröstl und trotzdem gut riechen. Meine Parfums lasse ich aber immer meine Mutter aussuchen… Ich hoffe diese Infos über mich reichen – bin gegen Aufpreis bereit, noch mehr zu sagen.“

Danke, lieber Christian S.! Mit diesem Facebook-Eintrag wäre die halbe Kolumne schon gefüllt. Dass ich die Mitteilung dreist von einem Freund (nach Social Media-Maßstäben; privat kenn’ ich den Herrn gar nicht) geklaut habe, ist nur konsequent. Denn auch die erfolgreichste Kommunikationsplattform der Neuzeit macht nichts anderes: sie beklaut und verkauft ihre User, pardon!: Freundinnen und Freunde. Mark Zuckerberg, H&M, der Spar-Gruppe, Deichmann, der NSA und mehr als 1,2 Milliarden anderen gefällt das.

Mir nicht. Und wahrscheinlich einem guten Teil der Facebook-Nutzer-Milliarde auch nicht. Wenn er denn überhaupt mal mitkriegt, was da läuft. Denn Facebook – seit jeher kein altruistisches Projekt, sondern ein strikt kommerzielles, längst börsennotiertes Privatunternehmen – ändert einmal mehr die Spielregeln. Sprich: die AGB. Kurz gefasst geht es um mehr und zielgenauere Werbung. Und zwar durch Standort-Lokalisierung und ungenierte Schnüffelei in den persönlichen Log-Daten – die Data Mining-Algorithmen stellen fest, welche Websiten man besucht und welche Apps man verwendet. Dazu gesellt sich folgerichtig ein „Kaufen!“-Button. Mit Ende Jänner treten die neuen Geschäftsbedingungen (luftige 90.000 Zeichen lang) in Kraft. Wem das nicht passt, der/die muss sich abmelden. Es gilt die ewige Business-Regel: wenn etwas nichts kostet, ist der Nutzer selbst die Ware.

Ist dagegen gar kein Kraut gewachsen? Oh doch. Man muss seinen Browser nur anweisen, nach jedem Web-Ausflug alle Cookies zu löschen. Oder man nutzt Tools wie „Ghostery“ – ein Plug-In, das Tracker aller Art blockt. Aber das ist natürlich unbequem. Und erfordert ein digitales Grundmisstrauen, das (noch?) von Gewohnheit, Konsum-Geilheit und Propaganda-Sirenentönen eingelullt wird. Letztlich gilt es der Politik klarzumachen, dass man nicht gewillt ist, die Facebook-Taktik – sich nach Bedarf blöd zu stellen, zu mauern, zu dementieren, EU-Datenschützer zu ignorieren und parallel dazu peu á peu die Schrauben fester zu drehen – ewig hinzunehmen.

Eines hilft jedenfalls nicht: „Ich widerspreche!“ zu posten – und weiterzutun, als wäre nichts gewesen.

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Leben in der Nische

24. Januar 2015

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (296) Die Schallplatte feiert ein Comeback. Aber hat sie eine wirkliche, ernsthafte Zukunftschance?

Record View

Glaubenskriege sind gerade sehr in Mode. Gottseidank (sic!) gibt es auch solche, die nicht ganz ernst zu nehmender, sondern eher unterhaltsamer Natur sind – wiewohl sie bisweilen in punkto Verbissenheit ihren gewaltsamen Artgenossen kaum nachstehen. Einer dieser lässlichen Glaubenskriege tobt seit jeher im Lager jener, die auf gutes Hören Wert legen – also im HiFi- und High End-Bereich. Und zwar zwischen der Analog– und der Digitalfraktion. Man dachte ja, dieser Konflikt wäre längst entschieden. Zugunsten der moderneren, bequemeren Technologie, die nur mehr Nullen und Einsen kennt.

Aber dann feierte plötzlich die gute, alte Schallplatte ein unerwartetes Comeback. Die Vinyl-Fetischisten jubelten Jahr für Jahr über zweistellige Zuwachszahlen, die Presswerke kamen (und kommen) kaum nach mit der Fertigung der schwarzen Scheiben, die Hardware-Hersteller zogen nach und werfen neue Plattenspieler-Modelle auf den Markt. Und der gemeine Musikfreund, darunter überraschend viele junge Fans, darf sich über eine Flut von Neu- und Wiederveröffentlichungen freuen, die zwar vergleichsweise teuer, aber auch wertbeständig sind. Und im Sammler-Regal ordentlich was hermachen. Vom Wohlklang in den Ohren gar nicht zu reden.

Alles eitel Wonne also? Nein. Denn noch ist z.B. die Frage ungeklärt, wo die wenigen weltweit noch existenten Presswerke im Fall des Falles Ersatzteile her bekommen – die Maschinen werden längst nicht mehr gebaut. Aber gilt nicht die alte Regel: wo Nachfrage, da auch ein Angebot? Generell wohl schon. Allerdings zücken dann die CD-, Download- und Streaming-Verfechter, also die Digitalisten, eine frappierende Statistik: jene der Vinyl-Absatzzahlen seit den frühen siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Und da sieht der aktuelle Boom der schwarzen Scheibe dann doch vergleichsweise mickrig aus. Eine Nische ist eine Nische ist eine Nische.

Wenn diese Nische aber eine gewisse Marktrelevanz und tragfähige Breite erreicht – und die Schallplatte ist auf dem besten Weg dahin, jenseits allen Hype-Getrommels –, dann ist allen gedient. Business bedeutet nun mal etwas anderes als reine Liebhaberei. Die CD-Verkaufszahlen sinken kontinuierlich – im Indie/Alternative-Sektor haben Schallplatten die CD fast schon eingeholt. Nach Meinung vieler Experten läuft es auf eine neue Dualität Vinyl (physisch) und Streaming (non-physisch) hinaus (wobei hier die Frage der Monetarisierung weitgehend ungeklärt ist).

Für viele Künstler und Bands (vor allem Newcomer), Indie-Labels, Händler und Plattenläden ist das Leben in der Nische also keine Luxus-, sondern eine schlichte Überlebensfrage.

Hubschraubereinsatz!

16. Januar 2015

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (295) Angst ist ein schlechter Ratgeber. Das sollte allen voran die Innenministerin dieses Landes gewärtigen.

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„Handtaschenräuber! Hubschraubereinsatz!“ Dieser ironische Singsang, in den frühen achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts dargeboten von der deutschen Avantgarde-Pop-Band Foyer des Arts (rund um den heutigen Erfolgsautor Max Goldt), drängt sich assoziativ geradezu auf.

Leider ist der Anlass dafür nicht zum Lachen. Denn im Zug der Ereignisse der letzten Tage kam, was kommen musste: allerhand „Experten“, an vorderster Front die Innenministerin, schreien nach mehr Einsatzkräften, Leitsystemen, Schutzwesten, Digitalfunkgeräten, Panzern und Hubschraubern. Ausgerechnet. Das übliche „Maßnahmenpaket“, um der verängstigten Wählerschar Millionen-Deals unter Freunden reinzudrücken – und tunlichst vor dem eigenen Versagen im Vorfeld (Stichworte: Bundesheer, Digitalfunk, Präventivmassnahmen, sozialer Ausgleich) abzulenken. Also: her mit Hubschraubern! Am besten gleich welche mit Strahlenkanonen und Blindflugeinrichtung.

Angst ist kein guter Ratgeber. War sie noch nie. Auch die akute Diskussion um die Wiederauflage der Vorratsdatenspeicherung und Fluggastdaten-Überwachung ist strikt unter diesem Gesichtspunkt zu analysieren. Denn natürlich kriechen jetzt wieder allerorts die „Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten!“-Naivlinge aus ihren Löchern. Und die Geschäftemacher der Big Data-Sphäre wittern Körberlgeld bei der „Sicherheitsoffensive“ der heimischen Ministerial-Bürokratie.

Der Mechanismus ist immer derselbe. Ich habe ihn an dieser Stelle schon einmal beschrieben, erlaube mir aber, dies nochmals zu tun: Das Geschäft mit der Angst funktioniert simpel. Passiert nichts, hat man „es verhindert” – und plädiert dafür, noch mehr in Überwachung zu investieren. Passiert etwas, hat man “es gewußt” (oder zumindest „erahnt“) – und plädiert dafür, noch mehr in Überwachung zu investieren. Für jene, die das Paranoia-Business betreiben, eine Gelddruckmaschine.

Denn bei aller Erregung über Terror, seine Wurzeln und Ursachen und seine mögliche (und fatalerweise auch partiell unmögliche) Verhinderung – wenn die aufgeklärte, sogenannte westliche Gesellschaft jetzt in die plumpsten Fallen geht, die ihre Gegner aufgestellt haben, dann ist sie selbst schuld an ihrem Schicksal.

Im übrigen empfehle ich jeder Politikerin und jedem Parlamentsabgeordneten dieses Landes (und natürlich jeder/jedem anderen auch), sich den Film „Citizenfour“ von Laura Poitras anzusehen. Dringlich.

Regn en Wien

15. Januar 2015

Ernst Molden zählt zu den produktivsten Künstlern, die wir kennen. Und die, die ihn als Künstler kennen und, mehr noch, schätzen – also das, was man landläufig Fans nennt – zählen zu den treuesten Anhängern seiner Produktivität.

Molden Cover

Einige unter uns mögen sich bisweilen ein wenig gewundert haben, wie häufig dieser Mann in und um Wien herum bis hinauf nach München, Hamburg und Berlin auf der Bühne stehen kann, ohne an Anziehungskraft zu verlieren. Sich zu wiederholen. Oder sein Publikum gar zu langweilen.

Das mag auch daran liegen, dass Ernst Molden ein Meister der Kombinationen und Variationen ist – mal tritt er allein auf, mal zu viert, manchmal mit namhaften Mitstreiter(inn)en wie Willi Resetarits, Ursula Strauss, Hans Theessink oder dem Nino aus Wien, dann wieder mit weithin unbekannten Newcomern oder hiesigen Szene-Größen. Aber letztlich ist das nur ein Aspekt der Anziehungskraft eines Singer/Songwriters, der zum aktuellen Boom lokalen Musikschaffens Wesentliches beigetragen hat. Den virtuosen Umgang mit der Umgangssprache etwa, die legere Einbürgerung internationaler Vorbilder, die menschliche Tiefe, Reife und Wärme, die das gesamte Oeuvre Ernst Moldens wie ein roter Faden durchzieht.

Wir – und damit meine ich das Team des Labels monkey. – begleiten diesen Prozess seit vielen Jahren. Mehr als neun sind es mittlerweile. Seit den „Bubenliedern“, die auch für den Urheber selbst so etwas wie den Beginn einer neuen Zeitrechnung bedeuteten. Seither sind bei uns sieben Molden-Alben erschienen und einige, an denen er so oder so beteiligt war. Fast jedes Jahr also ein neues Opus. Zuletzt das superbe Album „Ho Rugg“, gemeinsam mit Resetarits/Soyka/Wirth. Wir scheuen uns nicht, diese Geschichte eine Erfolgsstory zu nennen. Selten war der Austausch mit einem Künstler intensiver, kreativer, ergiebiger.

Und trotzdem taten und tun wir uns schwer, wenn wir von Ungeduldigen, Unkundigen und Molden-Novizen gefragt werden, welches Album dieses Mannes wir denn nun besonders empfehlen könnten. Was man denn quasi zum Einstieg hören solle. Kurzum: welches das Beste sei. Das ist natürlich eine höchst unsinnige Frage – weil sie nur strikt subjektiv beantwortet werden kann. Wir schätzen die lässige Abgeklärtheit von „Es Lem“ genauso wie den vulgären Witz von „Häuserl am Oasch“, die dunkle Poesie von „Ohne Di“ mindestens so wie die enorme Dichte von „Ho Rugg“. Und da gäbe es einiges mehr zu nennen.

Es war also hoch an der Zeit, ein inoffizielles Best Of-Album zusammenzustellen. „A Young Person’s Guide To Ernst Molden“, sozusagen. Und die Auswahl sollte jemand treffen, der sowohl journalistische Distanz wie auch künstlerische Seelenverwandschaft unter einen Hut zu bringen vermag.

Da drängt sich einer förmlich auf, der Moldens Werdegang in etwa so lange begleitet wie seine Label-Familie: Robert Rotifer. Und er hat eingeschlagen. Wir haben nicht eine Sekunde lang diskutiert über Rotifers Song-Auswahl (sie geht zurück bis „Haus des Meeres“ von 2005 und enthält mit „schwoazze dramwei“ auch ein bislang unveröffentlichtes Stück, insgesamt sind es 24 Songs), und wir haben keinen Beistrich am begleitenden Text geändert. Es passt, wie es ist. Und es ist so, dass alles passt. An allererster Stelle für Ernst Molden selbst. Und das tut es.

Ursprünglich sollte diese Zusammenstellung – „Regn en Wien“ – nur auf Vinyl erscheinen. Dann haben wir den Gedanken als arrogante Selbstbeschränkung verworfen. So sehr wir die knisternde Intimität und Audio-Qualität von Schallplatten lieben: das Auto etwa ist einer der famosesten persönlichen Konzertpaläste, die wir kennen. Und noch besitzen die allermeisten Vehikel einen CD-Schlitz. Egal also, ob Sie analoge oder digitale Signale schätzen (oder pragmatisch beides zulassen): es sind die Songs, in genau dieser Reihenfolge und selektiven Signifikanz, die die Botschaft ausmachen.

Eine Botschaft, die da lautet: mehr Molden geht nicht. Jedenfalls nicht, bis das nächste Dezennium voll ist.

„Regn en Wien“ ist auf CD bereits erschienen, Vinyl (DoLP) folgt am 23.01.2015.

Vor dem Kopf: ein schwarzes Brett

9. Januar 2015

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (294) Die Makler der Angst lieben die modernen Medien-Biotope. Sie sind Echokammern unserer Seelenabgründe.

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„Es ist dies das Zeitalter der Angst, weil die elektrische Implosion uns ohne Rücksicht auf ‚Standpunkte‘ zum Engagement und zur sozialen Teilnahme zwingt.“ Es war dieser Satz des visionären Medientheoretikers Marshall McLuhan (er hat ihn 1964 formuliert), der mich aufmerken ließ. Gepostet hat ihn der vielleicht beste Technik-Kolumnist des deutschsprachigen Raums, der in Berlin lebende Grazer Peter Glaser.

Der Anlass war ein trauriger, und er steckt uns allen noch in den Knochen: die infame Ermordung des halben Redaktionsteams der französischen Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo plus weiterer Opfer, mutmasslich durch religiöse Fanatiker. Dieses Fanal neuzeitlichen Terrors konnte natürlich nicht unkommentiert bleiben – und die Schlacht der Emotionen, nur bisweilen durchsetzt mit rationalen Argumenten, tobt ungebrochen in den „magischen Kanälen“, die McLuhan prognostizierte. Zuvorderst in Facebook und Twitter lässt sich der akute Grad der allgemeinen Empörung, Verwirrung und Selbstermächtigung wie auf einem schwarzen Brett ablesen.

Dass auch Zeichen spontaner Solidarisierung – „Je suis Charlie“, gemeint ist: ich bin bzw. wir alle sind Teil einer Wertegemeinschaft, die Satire schätzt (oder jedenfalls nicht mit automatischen Waffen bekämpft) – fast zeitgleich mit der Schockwelle von einer Minderheit spitzfindiger Ego-Apostel abgekanzelt wurden („Je ne suis pas Charlie!“), war in diesem Kontext vorherzusehen.

Denn es wimmelt in diesen Kanälen von Individualisten, die zu schlichter Empathie eher unfähig scheinen. Und noch das letzte Fitzelchen an Distinktion herauszukitzeln gewillt sind, um sich über die vermeintlich stupide Masse der Couch Potatoes, Gutmenschen, Systemmedienmacher und sonstigen Gleichgeschalteten zu erheben. Vice versa betonen Political Correctness-FetischistInnen nun – noch etwas zaghaft, aber doch – die „Problematik“ der derben, inkorrekten, allseits respektlosen Charlie Hebdo-Witze. Noch darunter rangieren Nemesis-Apologeten, die meinen, letztendlich wären die so „provokant“ blasphemischen Karikaturisten „doch irgendwie“ selbst schuld an ihrem Schicksal.

Ich finde derlei ja aufreizend realitäts- und menschenverachtend. Kurzum: dumm. Aber auch das ist unerheblich in einem grösseren Kontext. Die neue Medienwelt zwingt uns ihre Formatierung auf, die Kommunikation mit Mobilisierung gleichsetzt. Bedächtige Nachdenklichkeit, Zurückhaltung, gar Stille haben hier keinen Platz. Individuelle Standpunkte, die komplexer Erklärung bedürfen, sind eher chancenlos. „Ihr seid nicht Charlie!“ schreien uns nun die (eher selten so ausführlich) erklärungswütigen Scharfrichter der Medienmoral entgegen. Aber was sind wir dann? Und was sind sie? Und wer ist „wir“? Und wer „sie“? Warum? Wofür? Wogegen? Und wieviele?

So lassen wir uns alle (!) formidabel auseinanderdividieren. Meinungsfreiheit kann auch die Absenz sensibler Meinungsbildung und fundierter Schlüsse daraus bedeuten. Die Makler der Angst kostet das nicht einmal ein Lachen.

Lichterloh

4. Januar 2015

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (293) Eines der nachhaltigsten Zeichen technischen Fortschritts ist die Erhellung der Welt. „Lumio“ kann das besonders schön.

Lumio Lamp

Wie es schon in der Bibel heisst: Gott sprach – es werde Licht! Und es ward Licht. Das kann allerdings auch eine durchaus irdische Angelegenheit sein. Denn das Geschenk, das zum Lichterfest (sic!) in meinem Bekannten- und Verwandtenkreis am meisten Ahs! und Ohs! auslöste, war eine Lampe. Allerdings eine ganz besondere.

Denn kurioserweise sieht „Lumio“ – so heisst dieser Leuchtkörper – zunächst aus wie ein Buch. Und zwar ein sehr edles Buch mit Buchdeckeln aus Ahorn-, Kirsch- oder Walnussholz. Schlägt man es auf, geht einem ein Licht auf. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn „Lumio“ enthält unter den vermeintlichen Buchseiten, die aus dem papierähnlichen, aber reissfesten Material Tyvek bestehen, eine per USB-Anschluß aufladbare Lithium-Ionen-Batterie und mehrere LED-Module, die mit der Kraft etwa einer 40 Watt-Glühbirne strahlen.

Nun kann man diese Lampe einerseits wie eine Ziehharmonika aufklappen, und zwar bis zu vollen 360 Grad – dann erinnert „Lumio“ an einen Lampion. Anderseits kann man das Ding auch mit starken Neodym-Magneten an Metallflächen befestigen. Und hat so eine sehr flexibel einsetzbare, bis zu acht Stunden netzunabhängige Leuchte, die eben nicht streng nach Campingausflug oder Survival-Ausrüstung aussieht, sondern sogar im Museum of Modern Art in New York verkauft wird.

Signifikant für unsere Zeit ist: das Geld für die erste Produktionsserie wurde durch begeisterte Konsumenten aufgebracht. Und zwar durch eine Crowdfunding-Kampagne via „Kickstarter“, eine Finanzierungs-Plattform für kreative Ideen. Jene zu „Lumio“ hatte der Designer Max Gunawan aus San Francisco. Binnen weniger Tage fanden sich über fünftausend Vorbesteller, die 578.387 Dollar – fast das Zehnfache des ursprünglichen Projektziels – in die Realisierung des ambitionierten Vorhabens investierten. Was zunächst einmal die Startup-Strukturen überforderte: viele Fans der ersten Stunde mussten monatelang auf ihre persönliche Erleuchtung warten.

Gunawan bastelt aber schon an weiteren Innovationen. Und man kann auch davon ausgehen, dass die Leuchtkörper- und Leuchtmittel-Industrie, die in dieser Dekade dank des nachhaltigen Schwenks zu energiesparenden LEDs auch ganz neue, überraschende, ja radikale Formen und Design-Ansätze forciert, „Lumio“ in der einen oder anderen Form abkupfert.

„Und Gott sah, dass das Licht gut war.“ Jedenfalls lässt sich mit diesem Leuchtkörper nicht nur das Buch Genesis erhellend studieren.

In Österreich gibt es „Lumio“ u.a. bei Supersense in der Wiener Praterstrasse zu kaufen. Der Laden ist ein wahrliches „Home of Analog Delicacies“. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte (folgt).

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