Archive for Februar, 2015

Volksporsche 2.0

22. Februar 2015

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (300) Finden wir demnächst einen angebissenen Apfel als Kühlerfigur eines High Tech-Luxus-Autos?

Apple Car (c) The Onion

Diese Kolumne basiert auf purer Spekulation. Aber derzeit überschlagen sich die Spürnasen der Branche – allen voran das „Wall Street Journal“ und hierzulande der löbliche neue Motorblock-Motor-Blog der Kollegen Sauer und Josel – in Sachen Gerüchteverdichtung. Wenn es stimmt, was man da so an Fingerzeigen, Fantasien und Fakten zusammenträgt, wäre es tatsächlich sensationell. Gerücht No. eins: der Computer- & Lifestyle-Konzern Apple, die finanziell potenteste Firma weltweit, baut ein Auto. Gerücht No. zwei: Österreich mischt mit. Und zwar in Form des Automobilindustrie-Zulieferers Magna Steyr.

Aber hallo! Unter dem Codenamen „Titan“ soll Apple jedenfalls seit geraumer Zeit in einem Geheimlabor mit hunderten Mitarbeitern an einem Vehikel basteln, das optisch an einen Minivan erinnert und mit einem Elektromotor bestückt ist. Nun gilt Magna Steyr gerade in der Akku- und Antriebs-Technik (Marke: B:LiON) als besonders innovativ und kompetent. Die Partnerschaft wäre also eine logische.

Zwar dementiert die Apple-Firmenzentrale in Cupertino sogar, dass sie irgendetwas dementiert, aber die Indizien mehren sich, dass es sich nicht nur um ein hobbyistisches Nebenprojekt eines spinnerten Abteilungsleiters handelt. Jedenfalls beschweren sich schon die alteingesessenen Konzerne – allen voran Mercedes und der E-Mobil-Fackelträger Tesla – heftig über Abwerbungsversuche von Branchen-Spitzenkräften seitens der neuen Konkurrenz.

Wird also Bruno Kreiskys Vision eines „Austroporsche“ doch noch Realität? Abwarten. Denn bevor dieser – wie zu vermuten ist – kühne Wurf mal auf den heimischen Landstrassen herumgurkt, gilt es, eine wirklich sinnstiftende Verzahnung von Mobilitäts- und Informationstechnologie unfallfrei hinzukriegen. Das ist allem voran eine Sicherheitsfrage. Schon jetzt machen sich Hacker einen Spass daraus, Teslas zu lokalisieren und die Türen wie von Geisterhand zu öffnen oder die Lücken im On Board-System eines BMW aufzuzeigen. Dabei steckt die Verquickung von IT und Mechanik erst in den Kinderschuhen; die Autoindustrie gilt als relativ konservativ.

Was sich eventuell als Vorteil herausstellen könnte: die Beta-Testphase des intelligenten, eventuell sogar selbstfahrenden, möglicherweise aber auch ungewollt fernsteuerbaren Autos – auch Google bastelt ja gerade an einem solchen Gefährt – möchte ich realiter nicht am eigenen Leib erfahren.

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Lauf, Hase, lauf!

15. Februar 2015

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (299). Der Feind in meinem Bett ist ein Armband – mit künstlicher (Non-)Intelligenz.

Quantied Self

„Das Internet der Dinge“ – eine vielbeschworene IT-Vision – kann mir gestohlen bleiben, wenn die Dinge dumm wie Knäckebrot sind. Diese Erkenntnis trifft einen immer wieder mal, wenn man meint, den banalen Alltag technisch hochrüsten zu müssen. Und es dann rasch richtig kompliziert wird.

Jedenfalls stellt sich ein Test von Activity- und Fitness-Trackern ab dem Moment des Auspackens der schnuckeligen Geräte als der Seelenruhe wenig zuträglich heraus. Das ewige Herunterladen zusätzlicher Software und notwendiger Updates, das hakelige Pairing von Bluetooth-Minisendern und das Herauskitzeln von Informations-Bits & -Bytes und Gebrauchsanleitungen aus den Tiefen des Internet verleidet einem rasch den Spass an der Freud’.

Aber als High Tech-Fitness-Junkie muss man da wohl durch. Anyway: zwei Gadgets von Sony und Runtastic wurden rasch wieder beiseite gelegt (weil inkompatibel mit dem weltweit gebräuchlichsten Smartphone oder wegen aufreizend absurder Fehlmessungen), zwei weitere – ein Fitbit One und ein Medisana ViFit – laufen seit Anfang des Jahres auf Hochtouren. Bildlich gesprochen.

Der Trend zur „Quantied Self“-Existenz ist mächtig im Kommen, hört und liest man allerorten. Aber will man das wirklich – permanente Informationen über den Pulsschlag, die zurückgelegten Wegstrecken, den Kalorienverbrauch, die Schlafintensität, die hochgelaufenen Stiegen, den Blutdruck, den Körperfettanteil, die Sex-Häufigkeit etc. usw. usf.? Eine reichlich intime Angelegenheit – man nimmt ja die Tracking-Armbänder und ihre bohnengrossen Sensoren sogar mit ins Bett. Was aber manche Zeitgenossen keineswegs daran hindert, die höchst persönlichen Messdaten mit der gesamten Menschheit (oder zumindest ihrem Facebook-Freundeskreis) zu teilen. Sehet, ich bin heute reichlich unausgeschlafen! Kommt mir nicht in die Quere, mein Blutdruck hat etwas dagegen! Mein Body Mass Index ist unter aller Sau!

Nun ja: wer’s mag. Und braucht… Bei Hochleistungssportlern mag das ja nachvollziehbar sein. Es wird aber kommen, was kommen muss in einer absurd selbstverliebten, leistungshörigen, technikgetriebenen Welt: ein allgemeiner Wettbewerb in Sachen Fitness. Letztlich: Gesundheit. Ich warte auf den Moment, wo mir die Sozialversicherung einen Kostenabschlag anbietet, wenn ich ihr freiwillig und regelmässig meine „Lifelogging“-Daten weiterleite. Oder die Wearables und Apps ungefragt selbst beginnen, mit dem Arzt, Trainer, Chef oder Partner zu kommunizieren. Und der Freund und Fetisch zum Blockwart im selbst erbauten Fitness-Tempel wird.

Möglicherweise wird man dann zwangsneurotische Selbstvermessung als eher ungesunde Entwicklungsperspektive der Spezies Mensch quantifizieren.

Distanzanzeige

8. Februar 2015

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (298) Was nützen futuristische Schrittzähler, wenn ihre Erfinder einen Schritt vorwärts und zwei zurück gehen?

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Ich finde ja die Idee, das eigene Leben so exakt wie möglich zu vermessen, faszinierend. Dennoch tue ich mich mit kaum einer Gerätekategorie so schwer wie mit den sogenannten Wearables.

Was ist das überhaupt? Kurzgefasst: Mikro-Computer, die man am Körper trägt. Buchstäblich auf der Haut. Und demnächst wohl auch unter der Haut. „Wearable Computing unterscheidet sich von der Verwendung anderer mobiler Computersysteme dadurch, dass die hauptsächliche Tätigkeit nicht die Benutzung des Computers selbst, sondern eine durch den Computer unterstützte Tätigkeit in der realen Welt ist“ – so die etwas umständliche Erklärung von Wikipedia. Zuvorderst wird also die Welt vermessen. Und der Vermesser bzw. die Vermesserin gleich mit.

Mittlerweile gibt es Brillen, Uhren, Reifen, Ringe, Pflaster, Babyflaschen und allerlei anderen futuristischen Kram, der künstlich intelligent ist, mit Fühlern, Sensoren und bisweilen auch einer optischen Linse und einem Bluetooth-Funkmodul versehen wurde und wie gemacht scheint für den modernen Digital Lifestyle.

Am weitesten in den Alltag eingedrungen (und längst auch en masse bei Saturn, Mediamarkt, Hartlauer & Co. zu finden) sind Fitness- und Activity Tracker. Diese Wearables-Unterkategorie schien mir probat für einen intensiven Test. Wer mich kennt, wird nun den Kopf schütteln – aber meine Freundin hat sich partout in den Kopf gesetzt, pro Tag mindestens 10.000 Schritte gehen zu wollen. Eben: aus Gründen der Fitness. Und schaden kann ja Bewegung an der frischen Luft tatsächlich eher nicht. Sie läuft also seit einiger Zeit mit einem simplen Schrittzähler rum, den es für einige Euro zu kaufen gibt. Als Tech-Nerd erschien mir das zu banal. Ich orderte also, was der Markt so hergibt. Das beste Tool sollte den Old School-Schrittzähler ablösen.

Was soll ich Ihnen sagen? Beim ersten Gerät, dem elegant gestylten und überaus üppig ausgestatteten Sony Talk Band SWR30, versagte schon die Verbindung mit meinem iPhone. Okay, das Ding kann nur mit Android-Handies und -Tablets, das hatte ich überlesen. Die alte Sony-Krankheit, auf sturer Eigenständigkeit und geschlossenen Systemen zu beharren.

Die heimische Konkurrenz von Runtastic namens Orbit zeigt wiederum absurd andere Werte an als der Rest des Testfelds (den ich Ihnen nächste Woche verrate). Sorry: ein Gadget, das nach dem morgendlichen Gang vom Schlaf- ins Badezimmer verkündet, man hätte sein Zehntausend-Schritte-Tagespensum schon erledigt, erklärt die gesamte digitale Sippschaft zum halblustigen Spielzeug.

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