MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (362) Der Millarden-Streit um die Abgaswerte des Benzin- und Dieselmotors ist ein Symptom des Wettkampfs um die Mobilität der Zukunft.
„Es ist nichts zu loben, nichts zu verdammen, nichts anzuklagen, aber es ist vieles lächerlich; es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt.“ Ich zitiere diese Worte von Thomas Bernhard gern, aber im Augenblick erweisen sie sich in schmerzlicher Weise als besonders zutreffend. Diese Kolumne handelt vom Ende einer Gattung (oder zumindest einer Vorahnung ihres Endes) – und sie entstand an einem Ort, an dem Leben und Tod nah beieinander liegen: im Wartezimmer eines Krankenhauses.
Letzteres ist übrigens kein Ort des Schreckens für einen maschinengäubigen Menschen. Im Gegenteil: die Armada der Apparaturen in der Intensivstation eines Hospitals verheisst eine erhöhte Überlebenschance; die Fortschritte der Medizintechnik in den letzten Jahren und Jahrzehnten wären ein eigenes Buch wert; zumindest in der engeren Zielgruppe ein aufgelegter Bestseller. Aber das ist nicht das Thema, um das es hier gehen soll.
Warum schreibt der Gröbchen, werden Sie sich eventuell nach Lektüre der Kolumnen der letzten Woche gefragt haben, wieder so begeistert über Autos mit Verbrennungsmotoren? Treffliche Frage. Vor allem, da ich eigentlich ständig auf der Suche nach Alternativen war und bin. Vom E-Bike über kuriose Neben- und Seitenlinien der Evolutionsgeschichte individueller Mobilität bis hin zu den Schlüsselmodellen der Generation Tesla teste ich auf Herz und Nieren, was mir so unterkommt. Oder, besser: was einen Ausweg aus dem Status Quo eröffnen und befahren könnte.
Benzin- und Dieselmotoren werden uns noch einige Jährchen erhalten bleiben; die Ablösung durch Strom und/oder Wasserstoff konkretisiert sich zwar immer mehr (Apple, liest man, arbeitet bereits am Design von Ladestationen) – aber bei der faktischen Durchsetzung im Alltag haben Politik, Gesetzgeber und Konsument noch ein gehöriges Wort mitzureden. Zumal der Generationensprung dank der Vernetzung und Autonomisierung der Fahrzeugintelligenz (Stichwort: selbstfahrendes Auto) radikal ausfallen wird.
Ist es dann nicht pure Zeitverschwendung, über fabriksneue Old School-Modelle traditioneller Bauart zu berichten? Nein: siehe oben. Es schwingt zugegebenermassen auch eine Prise Mitleid und Sorge um VW, Daimler, Opel, Fiat, Audi, Renault, Mitsubishi & Co. mit: weltumspannende Konzerne, die wir für die rasche Marktdurchdringung fortschrittlicher Mobiltechnologien noch brauchen werden.
Es würde mich übrigens sehr wundern, wenn auch nur ein Autohersteller auf diesem Planeten beim akuten Abgasskandal nicht geschwindelt (oder zumindest die Grenzen der Legalität bis zum Anschlag ausgereizt) hätte – mit vorauseilender Rückendeckung durch die bequemen Nutzniesser der (im wahrsten Wortsinn billigen und nun für die Konzerne extrateuren) Schmähtandelei: uns allen, Fahrradkrieger/innen und Fußgänger ausgenommen. Und sind nicht die Pioniere und Autopiloten der Zukunft alle zufällig in den USA daheim? Merke: „Business is war!“ (Jack Tramiel, Atari). Wie immer auch: wie beim österreichischen Weinskandal in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts könnte ein reinigendes Fanal auch eine ganz neue Denkschule begründen. Tesla, Uber, Google und Apple alleine werden aber nicht alles zum Guten wenden (können).
Dass die Familien Piech & Porsche dagegen, wie gerade zu lesen stand, mit dem VW-Skandal – der eben kein alleiniger VW-Skandal mehr ist – ein paar Milliarden Euro verlieren, ist vergleichsweise wirklich lächerlich. Todernst.