MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (401) Schon mal von Bitcoin und Blockchain gehört? Nein? Wird dann aber mal höchste Zeit.
„Ich könnte mir ein künftiges Jahrtausend denken, das unser Zeitalter der Technik anstaunte, wie wir die Antike bewundern, und Maschinen ausgrübe wie wir Statuen.“
Das aufreizende Zitat stammt von Christian Morgenstern. Aber es enthält einen Irrtum, den der 1914 verstorbene, höchst fantasievolle Literat nicht antizipieren konnte: mit massigen, mechanischen Gerätschaften klassischer Bauart – symbolhaft: Dampfmaschinen – haben Technologien des 21. Jahrhunderts selten etwas gemein. Das Internet etwa. Ist es eine Meta-Maschine? Nur die Summe unzähliger miteinander vernetzter Computer? Oder etwas, das unsere Begrifflichkeit längst übersteigt?
Darüber mögen sich Philosophen den Kopf zerbrechen. Ich bin gerade damit beschäftigt, den Internet-Phänomenen Bitcoin und Blockchain auf den Grund zu gehen. Soviel weiß ich bereits: sie haben zwingend miteinander zu tun. Die (Krypto-)Währung – oder ist es eher ein Zahlungssystem? – Bitcoin ist ja für netzaffine Auskenner längst ein Faszinosum.
Man liest immer wieder von Menschen, die Bitcoins wie Gold „schürfen“, von einem radikalen Umbruch unseres Finanzsystems, von Rekordhochs und dann wieder dramatischen Abstürzen des Bitcoin-Wechselkurses in „reale“ Währungen. Wenn diese Erfindung aktuell besser performt als jede Aktie auf diesem Planeten, werden jedenfalls nicht nur Computer-Nerds hellhörig, sondern auch Börsenmakler.
Soviel in Kürze (der FM4-Journalist Christoph Weiss hat es mir konzentriert nahegebracht): Bitcoin ist schlichtweg ein Internet-Protokoll. Wie TCP/IP, HTTP oder POP/SMTP löst es ein spezifisches Problem. Im Fall des Bitcoin-Protokolls ein Problem, das vor 2008 als unlösbar galt: die Übertragung von Wert direkt zwischen Netz-Usern. Ohne dritte Partei. Abgesichert wird es durch die Blockchain – quasi eine dezentrale Datenbank in einem mittels Kryptographie und „Proof of Work“ inhärent abgesicherten Peer-to-Peer-Netzwerk.
Das klingt reichlich kompliziert, läuft aber auf eines hinaus: jede Aktion (und damit auch jede Transaktion) ist völlig transparent, automatisch und zeitgleich auf zigtausenden Rechnern rund um den Globus gespeichert. Jede Änderung dito. Vertrauen, strikt mathematisch definiert. „Bitcoin ist nicht digitales Gold oder Geld fürs Internet“, weiß Weiss. „Bitcoin ist das Internet. Das ist der Grund, warum es die Welt verändern wird.“
Nun: neulich hörte ich einen langen Vortrag, warum es zumindest die Musikindustrie auf den Kopf stellen könnte. Die ist mir aber zunehmend wurscht. Nicht egal ist mir die Zukunft per se. Insofern bin ich für solche Ezzes doch recht dankbar.