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Der Killerfaktor

6. Oktober 2013

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (231) Bang & Olufsen angeschlagen, Loewe pleite. Ist der Design-HiFi- & TV-Markt endgültig tot?

B&O Sample

Zwei Meldungen liessen diese Woche einige Menschen hellhörig werden. Erstens: Loewe, ein traditionsreicher deutscher Hersteller von TV-Geräten und Lautsprechersystemen, hat Insolvenz angemeldet. Noch glaubt man aber in der Chefetage an eine Zukunft und will schon in den nächsten Tagen einen Investor aus dem Nahen Osten oder China präsentieren. Oder gar Apple?

Die zweite Meldung betraf den dänischen Anbieter Bang & Olufsen, der vielen Kunden unter dem Kürzel B&O geläufiger ist. Bei einem Quartalsumsatz von nur noch 75 Millionen Euro rutsche der Anbieter tiefer und tiefer in die Verlustzone – allein in den ersten drei Monaten des Jahres 2013 hat man einen Verlust von neun Millionen Euro erwirtschaftet. Der zweitgrösste europäische Unterhaltungselektronikkonzern „kämpft seit längerem mit einer Nachfrageflaute“, so die APA, „und der harten Konkurrenz aus Asien.“ Namentlich sind das zuvorderst Samsung und LG.

Nun sind die Krise von B&O und das mögliche Ende von Loewe nur für eine zahlenmässig kleine Klientel eine Schreckensnachricht. Es ist jene Bevölkerungsschicht, die – um ein leuchtkräftiges Klischeebild zu entwerfen – auf sauteuren Bobo-Sofas herumlümmelt, regelmässig den „Architectural Digest“ studiert und Nespresso mit abgespreizten Fingern aus italienischen Designer-Tassen (Limited Edition) schlürft. Und eine Marke oft nur aufgrund ihres „In“-Faktors und inhärenter Distinktionsqualitäten schätzt.

Wirkliche Sentimentalität, ja Trauer unterstelle ich dagegen Kennern der reichen Historie sowohl der dänischen wie der deutschen High End-Schmiede. Wer Gerätschaften wie den Plattenspieler Beogram 4000, den Radio-Portable Beolit 600 (Entwurf: Jacob Jensen) oder den auch im New Yorker Museum of Modern Art ausgestellten Fernseher Loewe Art 1 – to name just a few – geschaffen und durchgängig einen Willen zu minimalistischer Eleganz und neuen Formensprachen gezeigt hat, muss im Fall des Falles in einem Markt, der Konformität und Kack-Design begünstigt, als Verlust gelten. Unbedingt.

Wie aber konnte es so weit kommen? Vox populi sagt: die Geräte sind schön, aber schlichtweg zu teuer. Nun greift diese Sichtweite eindeutig zu kurz – denn ein bestimmter Menschenschlag giert nunmal nach Qualität und ist bereit, dafür fast jeden Preis zu bezahlen. Wenn aber hinter gebürsteten Aluminiumoberflächen letztlich auch nur Billig-Elektronik, Plastikteile und Panels aus Korea stecken und überteuerte Designlautsprecher kaum schmeichelhafter klingen als 08/15-Kisten aus dem Elektromarkt, wächst sich Gewinnmaximierung rasch zum Killerfaktor aus.

War Is Over

2. Februar 2013

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (197) Im Kleinkrieg um Marktanteile macht der eine oder andere Markenhersteller eventuell bald das Licht aus.

Atari Logo

“Business is war!” Dieser markige Kriegsschrei hallt mir immer noch in den Ohren, Jahrzehnte, nachdem ich ihn das erste Mal zu hören bekam. Und zwar aus dem Mund des legendären Geschäftsführers von Atari Austria, Helmuth Rossmaier, der wiederum den Ober-Boss in den USA, Jack Tramiel, zitierte.

Die Vorwärtsstrategie von Atari war mir damals – es muss etwa Mitte der achtziger Jahre gewesen sein – herzlich sympathisch: nach der “Basic”-Brotdose Commodore C64 war der Atari 1040 ST der erste leistbare Computer, der ein Megabyte (!) Hauptspeicher und eine grafische Benutzeroberfläche hatte. Auf der sich, nebstbei, so ziemlich alles erledigen liess, was Apple weit teurer und IBM und sonstige MS-DOS-Kisten weit uneleganter anzubieten hatten. Es soll ja einige Musiker und Freaks geben, die immer noch einen Atari im Hinterzimmer versteckt halten.

Der Rest der Welt konnte und wollte mit dem einst klangvollen Namen – Atari hatte auch die ersten Videospiele (z.B. “Pong”) entwickelt – eher nichts mehr anfangen. Dass das Unternehmen aber im Januar 2013 endgültig Insolvenz anmelden musste, ist doch eine sentimental stimmende Nachricht. War is over!, die letzte Schlacht geschlagen. Und verloren. Eventuell sollte man Einschätzungen und Kommentare, dieser Business-Planet könnte noch einiger klangvoller Namen mehr verlustig gehen, nicht pauschal als Gewäsch notorischer Schwarzseher und manipulativer Börse-Analysten abtun.

Wer etwa hätte noch vor ein paar Jährchen vermutet, Philips würde anno 2013 seine gesamte Unterhaltungselektronik-Sparte aufgeben? Die Panasonic- und Sony-Aktie auf Ramschstatus fallen? Nokia und Blackberry mit ihren aktuellen Handy-Modellen tendenziell eine „letzte Chance” haben? Die Marktdominanz der koreanischen Konzerne LG und Samsung den Managern Sorgenfalten ins Gesicht zaubern? Und Apple, der güldene Apfel im Portfolio der globalen Tech-Spekulanten, trotz Rekordergebnissen im Kurs fallen und fallen?

In diesem Kontext muss man – auch ohne die genauen Zahlen und Strategien zu kennen – dem oberösterreichischen Entrepreneur Stefan Pierer gratulieren. Mit seiner dynamischen Zweirad-Marke KTM übernahm er dieser Tage den Konkurrenten Husqvarna. Von BMW. Kleinvieh macht auch Mist. Immer schöner, einen Aufstieg zu verfolgen als einen langsamen (oder auch überraschend rasanten) Abstieg.