Kalte Hände, heiße Fragen

20. Dezember 2015

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (341) Technik-Journalismus mit Nutzwert kann sich dieser Tage an der Registrierkassenpflicht beweisen.

Registrierkasse für Kinder

Die Leistungsträger unserer Gesellschaft sehen sich mit Hohn und Spott konfrontiert. Etwa der Landwirt, Jägersmann und Lobbyist „Graf Ali“ Mensdorff-Pouilly, der seine Hände in fast jedem dreckigen Geschäft der Republik stecken zu haben scheint. Die Netzgemeinde reagierte auf die launigen Ausreden des Herrn, warum er seine Millionentransaktionen nicht belegen kann, so: „Mit einer Registrierkasse wäre mir das nicht passiert!“ Der Gesichtsausdruck des Betroffenen auf dem satirischen Web-Flyer spricht Bände. Es gilt die Unmutsverschuldung.

Das Netz wimmelt aber auch vor Wortmeldungen geplagter Mitbürgerinnen und Mitbürger, die die ab 1. Jänner 2016 staatlich verordnete Registrierkassenpflicht weniger witzig sehen. Discjockeys etwa – von keinerlei Unter-Unterabteilung der Wirtschaftskammer beraten und vertreten – realisieren gerade, dass sie in Zukunft Rechnungen ausstellen müssen (was übrigens auch bislang schon gegolten hat). Ähnlich geht es Physiotherapeuten, Nachhilfelehrerinnen, Taxifahrern, Würstelbratern und Prostituierten. Und vielen anderen Berufszweigen.

Wobei: eine sogenannte „Kalte Hände“-Regelung schafft wieder allerhand Ausnahmen (und wir wollen hier nicht über die Betriebstemperaturen für gewerbliche Unzucht witzeln.) Um den weit verbreiteten Unmut über all den bürokratischen Aufwand zu dämpfen, hat sich der Finanzminister – nebst ein rasch gebastelten Fristerstreckung für Sünder bis Ende März nächsten Jahres – auch ein Extra-Zuckerl einfallen lassen. Mittels Beilagenformular E108c kann bei der Steuererklärung eine Anschaffungsprämie von 200 Euro beantragt werden. Glückauf!

Um nun den Gebrauchs- und Nutzwert dieser Kolumne zu erhöhen, suche ich akut nach Registrierkassenlösungen, die einerseits alle Vorgaben der Behörde erfüllen, andererseits aber tunlichst die zwingend vorgeschriebene Kasse nicht übermässig belasten. Im Idealfall heisst das: sie kosten unter 200 Euro brutto. Oder sind gar gratis (zumindest, solange nicht komplexere Aufgabenstellungen bearbeitet werden müssen).

Ja, solche Programme gibt es! Sie laufen auf gewöhnlichen, längst vorhandenen PCs und Handheld-Computern, drucken über stinknormale Tintenstrahl- oder Laser-Printer aus und benötigen weder Scanner, Bon-Drucker noch tagelange Einschulungen. Es bedarf keines überdimensionierten Systems á la SAP mit eigenem Rechenzentrum, angebundener Warenwirtschaft und automatisierter Schnittstelle zum Steuerberater, um einen Würstelstand zu betreiben – auch wenn Ihnen das diverse Experten, Software-Giganten und registrierte Glücksritter einreden wollen. Sich durch das Dickicht der Anbieter und Lösungen zu schlagen, ist der Arbeitsauftrag (bleiben Sie dran!, Fortsetzung folgt).

Dass all die Kolleginnen, Kollegen, Fachleute und Funktionäre aber kaum etwas anderes in petto haben, als mittels Copy & Paste die Homepage des Finanzministeriums abzuschreiben, spricht Bände.

3 Antworten to “Kalte Hände, heiße Fragen”


  1. […] Programm ist so einfach gestrickt, dass man zunächst stutzt. Das soll reichen? Sie können die Kassa grundkonfigurieren, einen Printer einrichten (es muss kein spezialisierter […]


  2. […] ist so ein Ding automatisch des Teufels? Ich sage: nein. Und gelte dabei gemeinhin nicht als Freund überbordender Bürokratie. Doch ein funktionierendes […]


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