Bad News, Good News

23. November 2013

MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (238) Print ist tot? Das Retro-Technik-Magazin “Nemo” behauptet – eventuell insignifikant, aber nicht unsympathisch – das Gegenteil.

Nemo Cover

„Jazz ist nicht tot, riecht aber schon komisch“ hat Frank Zappa einmal gemeint. Frank Who? Sie gestatten: es ist tatsächlich bitter, als alter Sack mit der Ignoranz nachrückender, jüngerer Generationen konfrontiert zu werden (was mir erst unlängst beim Tod von Lou Reed auffiel; zwar war Facebook voll von persönlichen Erinnerungen, aber unter die Postings mischten sich auch Stimmen, wer denn das überhaupt gewesen sei und warum man ihm huldige).

Nun wissen wir heute, dass der Jazz als Kunstform sehr wohl überlebt hat und ungebrochen seinen Freigeist in einer immer konformeren, formatierteren Welt behauptet. Und Frank Zappa – für die Teenies unter uns: das war ein bärtiger Mann, der seltsam verquere „Pop“-Musik komponierte – letztlich mit seinem subtilen Zynismus nicht recht behalten hat. Jedenfalls nicht ganz.

Vielleicht enthält diese Erkenntnis auch ein Quantum Trost für jene, die gerade an Bord alter Mediendampfer hocken und vom sicheren Ufer aus mit Schmährufen bedacht werden. Des Tenors, sie hätten die neuen Zeiten nicht verstanden und würden in „Holzmedien“ – damit sind Printprodukte gemeint, die traditionellerweise auf Papier gedruckt werden – dem sicheren Untergang entgegensegeln. Auftrieb erhielt die hämische und/oder ratlose Meute der Kommentatoren – darunter kurioserweise viele Journalisten – hierzulande erst diese Woche wieder, als von akuten Problemen des Magazins „News“ berichtet wurde. Mag sein, dass Boulevardblätter dieses Typs – Neuigkeiten zieht man längst minutenaktuell aus dem Internet – keine Zukunft haben.

Aber „Print ist tot!“ ist – so sehr dieser Weckruf das Management schon vor Jahren hätte wachrütteln müssen – generell eine banale, langweilige, zu simpel gestrickte Erkenntnis. Denn als Luxusartikel und sentimentale Objekte werden uns Zeitungen, Zeitschriften und Bücher locker noch für zwei, drei Generationen erhalten bleiben.

Es gibt auch good news für Papierfetischisten: nicht wenige Blätter haben in den letzten Jahren an Auflage und Lesern zugelegt (zuvorderst solche, die unverwechselbare Inhalte bieten). Und es gibt sogar Magazin-Neugründungen. Manche fallen gar in die Kategorie „Längst überfällig“.

Am Flughafen-Pressekiosk fiel mir erst unlängst ein solcher Erstling in die Hände: „Nemo“, ein Retro-Gadget-Magazin aus dem Hause Chip/Burda. Gewiss zielt „Nemo“ – Untertitel „Technik. Damals. Heute.“ – auf konservative männliche Jäger & Sammler. Es ist auch nicht unbedingt investigativer oder gar innovativer Journalismus, der hier geboten wird, eher leicht kauziges Nischen-Entertainment. Aber die Verquickung von launig-plakativen, doch präzise recherchierten Stories mit Emotionen und Erinnerungen der Leserschaft (etwa an den Sony Walkman, den Commodore C64 oder an die Marke Polaroid) ist ziemlich clever.

Und, sofern man keine Scheu davor hat, die Formel auch im Netz weiterzuspinnen, absolut zukunftsträchtig.

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