MASCHINENRAUM. Die Kolumne in der „Presse am Sonntag” (406) Aerodynamisch optimierte Fahrzeuge waren einst Kennzeichen der Moderne. Wo sind sie hin verschwunden?
Im Dasein eines Technik-Kolumnisten gibt es auch erfreulich entspannte Momente. So wurde ich dieser Tage eingeladen, mit einem Fahrzeug des Opel-Museum-Fuhrparks an einer Oldtimer-Rallye in der Südsteiermark teilzunehmen. Vergnügungen dieser Art hatte ich bislang als Hobby älterer, gutsituierter, blechverliebter Herren eingestuft.
Nun: zumindest das erste Prädikat kann ich nicht mehr gänzlich aus der Welt räumen. Baujahr 1962 trifft Baujahr 1969 (Sie dürfen sich aussuchen, welches Sie mir zuordnen) – das schien mir jedenfalls eine gute Ausgangssituation für eine Spazierfahrt durch die steirischen Weinberge zu sein.
Es wurde aber harte Arbeit. Denn einerseits packt Männer in solchen Situationen immer der Ehrgeiz – auch wenn es nicht um Geschwindigkeitsrekorde geht (Als Startnachteil hatte ich zudem nicht die geringste Ahnung von Roadbooks, Strafpunkten und Sollzeiten.) Andererseits lässt sich ein Sportwagen aus den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nicht wie ein heutiges, modernes Auto bewegen. Definitiv nicht. Dabei ist ein Opel GT – ich fuhr also die „Baby-Corvette“ – mit seinen 90 Pferdestärken eigentlich mehr ein Möchtegern-Sportler. Schon das Treten der Kupplung oder das Ausklappen der Scheinwerfer verlangt aber erstaunliche Kräfte. So gurkt man minder flott durch die Gegend.
Aussehen tut ein GT (Werbeslogan: „Nur Fliegen ist schöner“) aber, als liefe er 300 Kilometer pro Stunde. Problemlos. Das liegt an seiner Aerodynamik. Im Gegensatz zu den oft biederen Opel-Großserienfahrzeugen sollte dieser scharf geschnittene Zweisitzer einst bei der Jugend punkten. Tatsächlich wurde er ein Erfolg – und wirkt optisch ungebrochen hinreissend. Was mich zu der Frage bringt: warum schaffen das heutige Designer kaum je? Oder bin ich so retro-fixiert, dass mich die Formensprache der sechziger und siebziger Jahre, der Heydays der Benzinseligkeit, in Psycho-Geiselhaft hält?
Abseits rein ästhetischer Urteile gilt es festzuhalten: Windkanal-Tests, Luftwiderstands-Optimierung per Computer und Aerodynamik-Feinschliff sind anno 2017 selbstverständliche Routine. Man(n) macht nicht mehr viel Wind um niedrige cW-Werte. Eine gewollt futuristische Formensprache – einst die Metapher für technischen Fortschritt schlechthin, wie der Prachtband „Stromlinienform. Die Faszination des geringen Widerstands“ (Herausgeber: Horst-Dieter Görg, erschienen 2016 im Olms Verlag) belegt – gilt heute als überholt. Die Verbesserungen stecken in den Details.
Und freilich sind für ältere Herren Autos, in denen man mehr liegt (und das knapp über dem Straßenasphalt) als sitzt, auf Dauer nicht ratsam. Kann mir bitte jemand elegant-unauffällig aus dem GT helfen?